Monatsarchiv: September 2013

Wintertouren Ende September

TOURBERICHT RIESENGEBIRGE
Montag, 30. September 2013 | 3. Tag

Strahlend blauer Himmel, aber Temperaturen knapp unter null Grad. Auch am zweiten Tourtag unserer Motorradreise ins Riesengebirge scheint schon früh am Morgen die Sonne. Die Kälte macht uns nur wenig aus, Hauptsache es bleibt trocken.

Nach dem außerordentlich reichhaltigen Frühstück werden die Koffer gepackt – und schon geht’s los. Über Bad Schandau erreichen wir auf kurvenreicher Strecke die tschechische Grenze und zweigen bei der erstbesten Gelegenheit ab in die „Berge“. Die Straße, die sich vom Elbufer aus Meter um Meter in die Höhe schraubt, liegt weitgehend im Schatten. Dank wärmender Unterwäsche, Fleecepullover, Neopren-Weste und Windstopper-Shirt lässt es sich auf dem Motorrad durchaus aushalten. Nur der kalte Wind auf den Wangen, der durchs offene Visier pfeift, zwackt ein wenig im Gesicht.

Schnell sind wir auf 400 Höhenmetern angelangt. Die Sonne blinzelt immer wieder durch die herbstlich gefärbten Blätter und wirft kontrastreiche Schatten auf den Asphalt. Wir sind hochkonzentriert unterwegs, gilt es doch – angesichts dieser widrigen Umstände – den Fahrbahnbelag besonders aufmerksam zu studieren. Splitt lässt sich so nur schwer erkennen.

Nach gut einer Stunde Fahrt auf kleinen und kleinsten Straßen erreichen wir unterhalb von Rumburk die Bundesstraße 9. Ein Gasthof lädt linker Hand zu einer ersten Kaffeepause ein. Eigentlich ist es dafür gut eine halbe Stunde zu früh. Andererseits täte ein wenig Wärme jetzt ganz gut – und wer weiß, wann sich die nächste Gelegenheit zur Einkehr bietet.

Drinnen flackert ein loderndes Feuer im Kamin; dafür kommt der „türkische Kaffee“ diesmal direkt aus der Tüte. Weil’s draußen zu kalt und drinnen eigentlich zu warm ist, verlegen wir die Kaffeepause ans offene Fenster und sehen so, wie erst Stefan und dann Dieter „an uns vorbei ziehen“.

Wenig später sitzen wir wieder auf unseren Maschinen und fahren Richtung Isergebirge. Immer wieder passieren wir dabei langgezogene Straßendörfer, die kein Ende zu nehmen scheinen. Wir folgen dem Verlauf der Straße 290, die schnell an Höhe gewinnt. Kurvenreich geht es bergan. So langsam wäre es Zeit für eine Mittagspause. Ein kleiner Berggasthof, auf 835 Metern Höhe gelegen, kommt da – hinter Bily Potok gelegen – wie gerufen. Die Speisekarte ist vielversprechend; ein Kartoffelpuffer, gefüllt mit Kassler und Kraut, ist unser großer Favorit.

Solchermaßen gestärkt fahren wir weiter. Die Schneekoppe rückt näher, die sowohl in Tschechien, wie auch in Polen liegt. Ins „Nachbarland“ wollen wir an späten Nachmittag noch einmal einen Abstecher unternehmen. Hinter Janske Lasne setzen wir den Blinker links und gewinnen schnell wieder an Höhe. Die ersten Kilometer Richtung Grenze sind recht „schattig“, dann „genießen“ wir die Sonne wieder in vollen Zügen.

Bis auf über 1000 Meter schraubt sich die Straße hinauf. Hier oben legen wir dann auch die nachmittägliche Kaffeepause in einem kleinen Restaurant ein und bestellen zum heißen Kaffee gleich noch einen Palatschinken mit Waldbeeren und Vanillieeis.

Kurz vor 18 Uhr stehen wir auf dem schmucken Marktplatz von Trutnov, direkt vor dem Grand Luxury-Hotel. Hier werden wir heute übernachten, bevor es morgen weiter Richtung Jesenik geht – immer der Grenze entlang, zwischen Tschechien und Polen.

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Drinnen zu warm, draußen zu kalt – also verlegen wir die Kaffeepause ans geöffnete Fenster der Gaststätte. Gute Idee!

150 Kilometer Einsamkeit

TOURBERICHT RIESENGEBIRGE
Sonntag, 29. September 2013 | 2. Tag

Gut vier Grad plus zeigt das Außenthermometer, als wir früh am Morgen aus dem Fenster schauen. So soll es auch die nächsten Tage sein, verspricht zumindest der Wetterbericht. Sonnig und trocken, mit Temperaturen, die tagsüber knapp zweistellig werden dürften.

Wir stärken uns erst mal an einem grandiosen Frühstücksbüffet, das kaum Wünsche offen lässt. Schnell sind anschließend die Gruppen eingeteilt, so dass wir um Punkt 9 Uhr starten können. Kurz hinter Hellendorf queren wir die Grenze zu Tschechien. Nur ein einsames Schild an Wegesrand – das mahnt, bei Stau den Motor abzustellen – erinnert, wie es hier war, als es noch Grenzkontrollen gab.

Wir halten uns grob Richtung Südwesten und folgen am Vormittag dem Grenzverlauf auf tschechischer Seite. Das bedeutet: gut 150 Kilometer Einsamkeit. Kilometerlang fahren wir durch herrlichste, menschenleere Labdschaften. Knorrige Bäume stehen an Straßenrand, deren sich gelb verfärbende Blätter in der Herbstsonne strahlen. Nur ganz gelegentlich passieren wir kleine Ortschaften, die häufig menschenleer erscheinen, auch wenn viele Werbeplakate in deutscher Schrift für gutes Essen, Zahnbehandlung oder eindeutige „Dienstleistungen“ werben.

Immer wieder rückt die einst trennende Grenze in Sichtweite. Heute ist davon außer ein paar weißen Steine in der Wiese und einem nur noch zu erahnenden Graben kaum mehr etwas zu sehen. Eigentlich ein Wahnsinn, oder?

Immer wieder gewinnt das schmale Sträßchen an Höhe, wir bewegen und vorwiegend in Regionen zwischen 600 und 800 Metern. Wer heute Morgen einen Pullover mehr abgezogen hat, hat gut daran getan – der böige Wind ist doch recht frisch.

Nach einer kleinen Kaffeepause auf tschechischer Seite wechseln wir gut 50 Kilometer später – bei Cemy Potok – wieder nach Deutschland und steuern Annaberg-Buchholz an. Auf dem Pöhlberg wollen wir Mittag machen. Weil die Sonne strahlend vom Himmel lacht, beschließt ein Teil der Gruppe auf der Terrasse zu essen und genießt bei einem Teller Soljanka die herrliche Aussicht.

Auf der Rückfahrt ins Hotel folgen wir dem Grenzverlauf auf der deutschen Seite und stellen fest, dass in vielen Ortschaften Häuser und Gewerbeflächen kaum eine Handbreit von Tschechien entfernt stehen. Meist trennt nur ein kleiner Bach die beiden Länder.

In Altenberg legen wir noch eine Kaffeepause ein und erreichen eine gute dreiviertel Stunde später, kurz vor dem Sonnenuntergang, Cunnersdorf. Nach einer heißen Dusche wartet ein leckeres Abendessen auf uns, bei dem wir die Erlebnisse des Tages noch einmal Revue passieren lassen.

Morgen fahren wir ins Riesengebirge. Trutnov ist das Ziel. Angesichts des sternklaren Himmels in der Nacht, wird es wohl am Morgen wieder reichlich frisch werden. Wohl dem, der lange Unterwäsche eingepackt hat …

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Nur ein kleiner weißer Stein markiert die Grenze.Für ein Foto lassen sich problemlos die Seiten zwischen beiden Ländern wechseln.

Die letzte große Tour beginnt

TOURBERICHT RIESENGEBIRGE
Samstag, 28. September 2013 | 1. Tag

Es hat uns nach Cunnersdorf verschlagen, einen kleinen Ort nahe der beeindruckenden Festung Königstein. Auf rumpeligen Straßen ging es die letzten Kilometer durch einen dunklen Wald; fast hätte man meinen können, das Ende der Welt erreicht zu haben, so einsam war die Fahrt. Dann aber tauchte links der Straße das Hotel „Erbgericht“ auf; hier bleiben wir bis Montagmorgen.

So langsam trafen die Teilnehmer ein und damit begann – eigentlich völlig ungewohnt – die große „Service-Orgie“. Nachdem ich an meiner BMW den Luftdruck geprüft hatte, sah sich auch Charly zu einer Kontrolle ermutigt – und bat anschließend um den Kompressor. 1,5 bar sind auf der Straße nicht wirklich viel.

Auch Franz-Josef wollte den Vorderradreifen seiner GS noch etwas aufpumpen, nutze dafür – trotz aller Warnungen – die selbstverlegte Steckdose – um festzustellen, dass es die 5 Ampere-Sicherung schnell niederstreckt, weil der Kompressor ordentlich Strom zieht. Also musste die Sicherung getauscht werden.

Derweil „zerlegte“ Thorald die V-Strom von Wolfgang, weil das Stromkabel fürs Navi irgendwie defekt schien. Um an die Sicherung zu kommen, musste ein Teil der Verkleidung ab …

So waren alle irgendwie beschäftigt, zumal sämtliche „Wehwehchen“ letztlich behoben werden konnten. So saßen wir gegen 19:30 alle (mit uns) zufrieden zusammen am Abendbrot-Tisch, genossen eine kräftige Kartoffelsuppe, Serviettenknödel mit Kraut und Rippchen sowie ein leckeres Quark-Keulchen.

Bevor es am Montag ins Riesengebirge geht, wollen wir morgen eine Tour ins Erzgebirge unternehmen. Uns ist Sonne versprochen, aber auch Temperaturen nahe null Grad – zumindest in den Morgenstunden. Hauptsache trocken, oder?

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Wohl dem, der Platz für einen kleinen Kompressor am Motorrad hat. So konnte fehlender Luftdruck gleich korrigiert werden.

Es ist wie früher

Morgen geht’s los, Richtung Riesengebirge. Das Wetter scheint zu passen; wir haben eine Woche Zeit, die Grenzregion zwischen Tschechien und Polen zu entdecken. Die Routen sind geplant – gut 270 bis 300 Kilometer werden wir pro Tag unterwegs sein. Deshalb hat die BMW auch noch einen Satz neue Reifen bekommen.

Am Sonntag ist erst mal das Erzgebirge das Ziel, bevor wir am Montag Kurs auf Trutnov zu nehmen. Von da aus geht es weiter nach Jesenik. Das Riesengebirge liegt da schon etwas hinter uns …

Eine Reise nach Tschechien weckt Erinnerungen an frühere Touren, als es das vereinte Europa noch nicht gab. Tschechien hat nämlich noch eine Landeswährung, also muss – wie einst – gewechselt werden. Das bedeutet: unbekannte Scheine und eine Umrechnungstabelle in der Tasche. Und immer wieder überlegen: ist das jetzt teuer oder preiswert? Wie früher eben 😉

Cornwall im Oktober?

Das ist eine schwierige Frage: Kann man Mitte Oktober im Cornwall noch Motorrad fahren? Der Bauch sagt ja, der Kopf eher nein.

Einerseits liegt Südengland ja am Golfstrom. Da sollte es das ganze Jahr über einigermaßen warm sein – und die Temperaturen auch im Herbst noch zweistellig. Die Saison endet erst im November, was dafür spricht, dass bis dahin die Zahl der Reisenden grundsätzlich nicht unerheblich ist. Zudem finden sich im Internet Berichte, die von Hitzerekorden im Oktober mit Temperaturen von bis 29 Grad schreiben. Das Wetter kann offensichtlich stabil und schön sein.

Kann – muss aber nicht. Die Statistik weist im Durchschnitt 13 Tage Regen aus. Der muss nun aber nicht ausgerechnet in der Woche fallen, in der wir die Insel besuchen. Morgens könnte es reichlich frisch sein. Und die „Gefahr“, in einem Herbststurm zu geraten, scheint nicht gerade klein zu sein.

Andererseits: mal live zu erleben, wie der Wind das Wasser in die Buchten peitscht, das hätte schon was. Und wenn wir bei den Tagestouren in Cornwall von vornherein mehr Pausen für Cream-Tea und Gebäck sowie die eine oder andere Besichtigung einplanen, dürfte auch das schlechteste Wetter so schlimm nicht sein.

Ich neige ja dazu, einen Versuch zu wagen. Von Calais nach Dover in 90 Minuten, dann in zwei Tagesetappen die Küste entlang bis ins Dartmoor und von dort aus drei Tagestouren ohne Hotelwechsel nach Cornwall unternehmen? Das kann an lauen Herbsttagen, wenn die Sonne schon lange Schatten wirft und die kühle Meeresluft einen leicht frösteln lässt, ein eindrucksvolles Erlebnis sein. Was hältst Du von der Idee? Ich bin gespannt …

Zurück in einem Rutsch

TOURBERICHT FRIAUL
Samstag, 7. September 2013 | 7. Tag

Es geht wieder nach Hause. Kurz nach 8 Uhr haben die meisten bereits gefrühstückt. Die Koffer sind gepackt, die Motorräder reisefertig. So mancher wird in zwei Etappen den Weg gen Heimat antreten. Ich werde mit dem Ducato in einem Rutsch über die Autobahn nach Hause fahren – gut 850 Kilometer sollten bis zum Abend zu schaffen sein.

Eine halbe Stunde früher als geplant geht’s los. Schnell ist die italienische Autobahn erreicht; an der Zahlstation ist erfreulich wenig los, so dass die Grenze zu Österreich schnell näher rückt. Auch im Katschberg- und dem Tauerntunnel herrscht weitgehend freie Fahrt – dann klingelt das Telefon: Charly hat Probleme mit seinen VW-Bus, der Motor wird zu heiß.

Wir treffen uns auf dem nächsten Parkplatz und beratschlagen, was jetzt am besten zu tun ist. Nachdem sich wieder Öl im Kühlwasser befindet, wird es wohl das Beste sein, nicht mehr allzuweit zu fahren. Kleinarl ist nicht weit entfernt. Da hat Charly gute Bekannt – und wird von dort aus den Pannendienst anrufen. Der wird wenig später einen defekten Wärmetauscher diagnostizieren; ein Defekt, der hoffentlich in drei Tagen behoben sein wird.

Zwischenzeitlich hat der Verkehr auf Autobahn deutlich zugenommen. An der Grenze zu Deutschland der erste große Stau – und der Verkehrsfunk meldet bis hinter München zahlreiche weitere. Also fahre ich quer übers Land bis Regensburg und gehe da auf die Autobahn. Am späten Nachmittag Ist die A3 völlig frei, so dass die letzten 400 Kilometer zügig zurückgelegt werden können. Ein schöner Motorradurlaub geht zu Ende.

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Ein letztes Frühstück auf der Terrasse des Hotels, dann geht es wieder nach Hause. Die Woche im Friaul wird uns in angenehmer Erinnerung bleiben.

Achtung: Kühe im Nebel

TOURBERICHT FRIAUL
Freitag, 6. September 2013 | 6. Tag

Der letzte Tourtag unserer Reise ins Friaul ist angebrochen. Während sich Stefan noch einmal auf den Weg in Richtung Slowenien macht – um bei Jazbek, einem netten Hotelier unterhalb von Kobarid, eine schöne Mittagsrast einzulegen – wollen wir noch einmal Endurowandern.

Nur wenige Kilometer hinter Ravascletto zweigt die Straße zum „Zuof Plan“ ab. Das Hochplateau liegt auf gut 2000 Meter. Zweidrittel der Zufahrt sind asphaltiert, dann beginnt der Schotter. Gemessen an dem, was uns heute noch erwarten wird, eine reine Spazierfahrt.

Ab 1500 Meter hängen die Wolken tief. Nebelschwaden ziehen sich den Berg hinauf. Mal reißt es auf, mal beträgt die Sicht kaum 20 Meter. Wir gewinnen stetig an Höhe. Bei 1700 Meter müssen wir mitten durch eine Kuhherde. Die Rindviecher stehen geballt mitten auf dem Weg und machen nur widerwillig Platz.

Wieder im Tal, gönnen wir uns in der nächsten Bar einen Kaffee und machen uns dann auf den Weg zum „Monte Paularo“. Als wir durch Paluzza fahren kündigt ein Schild Bauarbeiten im weiteren Streckenverlauf an. Offensichtlich ist die Straße irgendwo gesperrt.

Doch bis zum Abzweig nahe Ligosullo läuft alles reibungslos. Wieder geht es hoch auf gut 2000 Meter. Zunächst asphaltiert, wird der kaum autobreite Weg bald unbefestigt. Die letzen 5 Kilometer arten in harte Arbeit aus. Der Schotter wird deutlich gröber, zahlreiche Auswaschungen und grobe Felsen im Untergrund fordern Mann und Maschine. Es scheint, als würden wir mitten durch ein Bachbett fahren. Und mit jedem Meter, den wir an Höhe gewinnen, wissen wir: das müssen wir alles wieder zurück …

Genug der Quälerei, wir haben wieder Asphalt unter den Rädern. Doch ein Absperrgitter und ein kreisrundes Schild mit roten Rand scheinen uns die Weiterfahrt zu verwehren. Rumdrehen würde unseren ganzen Zeitplan durcheinander bringen. Also handeln wir nach der altbewährten Devise: erst mal schauen, was der Grund für die vermeintliche Straßensperre sein könnte.

Zudem: es ist Freitagmittag nach 12 Uhr, da wird in Italien wohl nicht mehr allzuviel im Straßenbau gearbeitet werden. Stimmt: der Weg ist frei, von Bauarbeitern keine Spur. Nur in Paularo behindert uns ein aufgeschütteter Erdhügel ein wenig. Doch auch dieses Hindernis ist schnell überwunden, so dass wir uns – wie geplant – auf den Weg zur „Straniger Alm“ machen können.

Vom Lanzenpass zweigt linker Hand die zwischenzeitlich sogar ausgeschilderte Zufahrt nach Österreich ab. Grob geschotterte Kehren und ein steiler kurvenreicher Anstieg erweisen sich kurz vor der Mittagsrast noch mal als kleine Herausforderung – bislang bin ich diesen Weg immer in umgekehrter Richtung – bergab, von Österreich nach Italien gefahren.

Auf der gut 1500 Meter hoch gelegenen Alm lassen wir uns eine opulente „Bretteljause“ munden und gönnen uns zum Nachtisch noch einen Yoghurt mit Heidelbeeren. Genau so hatten wir uns diesen Tag vorgestellt.

Noch ein paar unbefestigte Kilometer durch den Wand, dann haben wir wieder festen Belag unter den Stollenreifen. Auf Nebenwegen geht es nach Kötschach und dann über den Plöckenpass wieder nach Italien. Gut 150 Kilometer stehen auf der Uhr, als wir kurz nach 16 Uhr wieder im Hotel eintreffen. Schnell werden die Motorräder verladen, dann ist Zeit für ein kleines Feierabendbier. So langsam geht unsere erlebnisreiche Woche im Friaul zu Ende – schade.

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Die Rindviecher haben ganz dumm geschaut, als wir plötzlich um die Ecke kamen. Aber: wir haben uns vertragen und sind ganz langsam gefahren.

Das kleine Pässe-Karrussel

TOURBERICHT FRIAUL
Donnerstag, 5. September 2013 | 5. Tag

Zwei Hände voll an attraktiven Passstraßen standen heute auf den Programm: Forcella Lavardet, Sella di Razzo, Passo di Pura, Passo di Mauria, Passo Chibiaba, Passo Staulanza, Passo Giau, Passo Tre Croci, Passo del Zovo und zum Schluss noch die Cima Sappada. Eine schöne, gut 300 Kilometer lange Runde mit einem Gesamtaufstieg von 7382 Höhenmetern. 6 Stunde 2 Minuten reine Fahrzeit, 3 Stunden 20 Minuten Pause bei einem Reisedurchschnitt von 50,8 km/h. Nackte Zahlen, die in keinster Weise den eigentlichen Fahrspaß widerspiegeln.

Durchs „Val Pesarina“ geht’s zunächst Richtung Westen. Nachdem wir eine Vielzahl an kleinen Ortschaften hinter uns gelassen haben, geht es kurvenreich und stetig ansteigend durch den Wald. Über den Razzo-Sattel „stürzen“ wir uns hinab zum Lago di Sauris und fahren durch einen engen, direkt in den Fels geschlagenen, dunklen Tunnel hoch zur Anhöhe des Pura-Pass. Im dortigen Rifugio legen wir eine kurze Kaffeepause ein, bevor es über den Mauriapass Richtung Pieve di Cadore geht.

In Venas setzen wir den Blinker links und sind endlich wieder auf kleinen Straßen unterwegs. So langsam wird es Zeit für eine Mittagspause. Auf der Zufahrt zum Passo Staulanza entdecken wir in einer Kehre ein Hinweisschild zur „Malga Vescova“. Gut einen Kilometer folgen wir dem unbefestigten Weg, dann kommen erste Zweifel auf, ob wir den richtigen Abzweig genommen haben. Doch kurz darauf weist uns ein neuerliches Schild den Weg, bald darauf haben wir auch dieses (spontane) Etappenziel erreicht.

Das auf gut 1800 Metern gelegene Agritourismo bietet neben Speckbrot vor allem selbstgemachte Polenta mit Wurst oder Käse an, die in dieser traumhaften Umgebung fast schon himmlisch schmecken. Zur „Verdauung“ gibt’s einen schnellen Ritt hoch auf den Giau, der mit seiner faszinierenden Aussicht immer wieder zu begeistern weiß.

Nach einem Tankstopp in Cortina fahren wir über den „Tre Croce“ Richtung Auronzo und legen am Fuße des kleinen „Passo del Zovo“ eine Kaffeepause ein. Gut 65 Kilometer sind es jetzt noch bis „zu Hause“ – um 18:23 Uhr sind wir wieder in Hotel.

Morgen treten wir die Rückfahrt nach Oslo an … wenn wir denn – wie eigentlich geplant – nach Norwegen gefahren wären. Sind wir aber nicht. Und so können wir noch einen ganzen Tag durchs Friaul streifen – und auch noch mal ein wenig Enduro fahren.

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Ausblick von der „Malga Vescova“. Auf einer kleinen Almhütte haben wir Polenta mit Wurst gegessen – und das Bergpanorama genossen.

Molti strade senza barriere

TOURBERICHT FRIAUL
Mittwoch, 4. September 2013 | 4. Tag

Heute ist Endurowandern angesagt, zumindest für einen Teil der Gruppe. Während Stefan mit den „Straßenfahrern“ über den „Passo Croce di Comelico“ Richtung Innichen und dann durchs Lesachtal fährt, um über das „Nassfeld“ und den abenteuerlichen „Passo di Lanza“ zurück nach Ravascletto zu gelangen, wollen Klaus, Andreas, Jörg und zunächst auch Peter mit mir ein wenig Schotter fahren.

Gleich hinter dem Hotel zweigt die Zufahrt zur „Panoramica del Vette“ ab. Bis auf 2000 Meter führt der kehrenreiche Weg hinauf und bietet fantastische Ausblicke in die umliegenden Täler und auf die karstigen Gipfel der Karnischen Dolomiten.

Wir lassen es ruhig angehen, legen den einen oder anderen Fotostopp ein und erreichen rechtzeitig zur ersten Kaffeepause Ovaro. Der Auftakt war schon mal vielversprechend, auch wenn die „Panoramica“ wieder ein Stück mehr mit Asphalt versehen wurde, als bei meinem letzten Abstecher.

Nach dem obligatorischen Espresso brechen wir auf in Richtung „Lago die Sauris“ und wollen dabei den „Passo delle Forcelle“ unter die Stollenreifen nehmen. Peter verabschiedet sich, mit einer „normalen“ Triumph ist ihm die Weiterfahrt (verständlicherweise) zu anstrengend.

Der Einstieg ist schnell gefunden, auch wenn ein Schild am Wegesrand vor Bauarbeiten warnt. Leider waren auch hier die „Teerkocher“ am Werk und haben die schmale, extrem steile und kurvenreiche Strecke bis zur Passhöhe mit frischem Asphalt versehen – schade.

Dafür ist der Weg hinunter zum Lago di Sauris überwiegend unbefestigt, so dass wir doch noch auf unsere Kosten kommen. Die Mittagsrast legen wir im uns bekannten Rifugio „Tita Piaz“ ein und gönnen und zwei große Pannini – eines mit ordentlich Schinken und das andere mit dick Käse.

Über die zwischenzeitlich ebenfalls durchasphaltierte, aber fahrerisch reizvolle „Sella di Razzo“ geht es Richtung „Forcella Lavardet“. Hier müssen wir (endlich) richtig „arbeiten“: grober Schotter und tiefe Auswaschungen fordern Mann und Motorrad. Bis zur Rampe mit den asphaltierten Kehren haben wir ordentlich zu tun.

Unser letztes Ziel ist die „Forcella del Zovo“. Gleich hinter Campolongo zweigt das schmale Sträßchen ab und führt kaum autobreit durch romantische Dörfer. Auf der Passhöhe angekommen, gönnen wir uns auf 1606 Meter im „Rifugio Forcella Zovo“ einen Strudel zum Kaffee. Der Blick auf die umliegenden Berge ist fantastisch – eigentlich wollen wir hier garnicht mehr weg.

Auf der Abfahrt ins Tal sind „leider“nur noch gut 700 Meter unbefestigt, gleichwohl sind wir hier – auf den schmalen, kurvenreichen und häufig sehr unübersichtlichen Straßen – mit unseren Enduros schon gut aufgehoben. Insofern war es insgesamt ein toller Tag, mit vielen Eindrücken, die wir allesamt nicht missen mögen. Vielleicht schaffen wir es ja auch morgen noch mal, ein wenig auf Schotter zu fahren …

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Auch wenn der Schotter zunehmend dem Asphalt weicht, ist eine Enduro auf der Panoramica del Vette noch immer das beste Motorrad.

Eine Tagestour ans Meer

TOURBERICHT FRIAUL
Dienstag, 3. September 2013 | 3. Tag

Die Lagune von Marano ist heute unser Ziel. Gut 150 Kilometer Wegstrecke werden wir zurücklegen, bis wir die Adria erreicht haben – immer Richtung Süden fahrend.

In Villa Santina zweigen wir von der N 52 ab und fahren auf einer herrlich kurvenreichen Bergstraße, im Schatten des Monte Piombada, Richtung San Francesco. In Pielungo wartet der nächste „Leckerbissen“ auf uns: ein kaum autobreites Sträßchen, das kurven- und kehrenreich durch den Wald führt. Der „Balkon des Friauls“ sei hier zu finden, steht auf einem Schild am Wegesrand – damit muss Clauzetto gemeint sein. Der kleine Ort bietet prachtvolle Ausblicke ins Tal. Eine Bar in unmittelbarer Nähe zur Kirche und direkt gegenüber der Tankstelle lädt zu einem kurzen Stopp ein.

Über Nebenwege erreichen wir bald darauf San Daniele, die Stadt, die für ihren Schinken berühmt ist. Wenig später werden die Karnischen Dolomiten im Rückspiegel immer kleiner. Die Berge liegen hinter uns, jetzt geht’s auf kurvenreicher. Strecke durchs flache Land.

Gut 80 Kilometer später haben wir unser Tagesziel erreicht: wir sind am Meer. Im Hafen von Marano liegt eine beeindruckende Flotte an Fischkuttern. Wir streifen ein wenig umher und finden am Marktplatz, direkt gegenüber des beeindruckenden Kirchturms, ein nettes Lokal auf dessen Speisekarte es nur Fisch gibt – den aber in allen Variationen. So hatten wir uns das vorgestellt – herrlich!

Satt und zufrieden treten wir die Heimreise an. Nahe Rivis taucht am Horizont zum ersten Mal wieder, zunächst nur schemenhaft, die gewaltige Bergkette der Karnischen Dolomiten vor uns auf.

In Meduno finden wir eine Bar in unmittelbarer Nähe zu einer Tankstelle. Angesichts der hochsommerlichen Temperaturen gönnen wir uns – neben dem obligatorischen Kaffee – noch ein Eis und den Maschinen einen vollen Tank.

Die letzte Etappe verspricht ein weiteres fahrerisches Highlight: es gilt den 1052 Meter hohen Monte Rest „zu bezwingen“. Wieder führt eine schmale Straße kurven- und kehrenreich durch den Wald, stellenweise scheint sie sich direkt an die senkrecht emporstreben Felswände zu schmiegen, um an Höhe zu gewinnen. Zügig klettern wir der kaum erkennbaren Passhöhe entgegen, um uns anschließend – nicht minder kurvenreich – wieder ins Tal zu stürzen.

Bald darauf erreichen wir Ravascletto. Das Feierabendbier auf der Terrasse schmeckt – nur Stefan nicht: der versucht den defekten Scheinwerfer einer 1200er GS zu reparieren.

Morgen wartet das Abenteuer auf uns: ein Teil der Gruppe will Enduro fahren. Neben der „Panoramica delle Vette“ soll es auch zur „Forcella Lavardet“ gehen. Mal sehen …

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Fischkutter an der Adria: Impressionen aus der Lagune von Marano. Am Marktplatz haben wir dann zu Mittag gegessen – bella italia!