Monatsarchiv: Oktober 2019

Habt Ihr Euch verfahren?

Erst sechs, dann acht, schließlich zwölf – am Ende waren es 14 Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer, die mit uns am letzten Samstag im Oktober ganz in den Süden von Hessen fahren wollten. Igelsbach war das Ziel dieser Tour, die wir für die Volkshochschule des Main-Taunus-Kreises organisiert hatten. Das Besondere: mitten durch den Ort verläuft die Grenze zwischen Hessen und Baden-Württemberg – das wollten wir uns mal anschauen.

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Zwei unterschiedliche Straßennamen: hier verläuft die Landesgrenze

Die Wettervorhersage war prächtig: morgens leichter Frühnebel, dann aber Sonne satt. Schöner hätte es nicht sein können. Kaum am Treffpunkt angekommen, verzogen sich denn auch die Nebelschleier, wir konnten in einen prächtigen Tag starten. Schnell noch die Birne im Hauptscheinwerfer eine K wechseln, dann konnte es losgehen.

 

 

Nach einem kurzen Stück auf der Autobahn ging es zunächst Richtung „Burg Frankenstein“ und dann, auf möglichst kleinen kurvenreichen Straßen, nach Beerfelden. Ich bin froh, mir jüngst einen Endurohelm mit weit vorgezogenen Schirm gekauft zu haben, blendet die tief stehende Sonne in der ersten Stunde doch gewaltig. Dafür taucht sie die Landschaft in ein fantastisches Licht. Immer wieder hängen dichte Wolken in den Tälern, wie Wattebäusche – faszinierend.

 

 

Kilometer um Kilometer geht es durch den Odenwald, an dem die Straßenbau wohl Gefallen gefunden haben. Zahlreiche Baustellen säumen unseren Weg, oftmals verbunden mit einer ausgeschilderten Streckensperrung. Doch gemäß dem Motto „lass uns doch mal schauen, warum wir hier nicht weiterkommen sollen“, versuchen wir unser Glück und finden meistens ein Schlupfloch.

 

 

Auf unserem Weg nach Beerfelden fahren wir durch Landschaften, die angesichts des spätsommerlichen Wetters einfach nur zu faszinieren vermögen.

 

 

Den ersten Halt legen wir in der Pension „Am Walde“ ein, die ihrem Namen mehr als gerecht wird. An drei großen Tischen ist für uns bereits eingedeckt, die Thermoskannen stehen schon auf dem Tisch. „Ich nehme pro Person sechs Euro, sonst rechnet sich Euer Besuch nicht für mich, dafür könnt Ihr aber auch Kaffee trinken so viel Ihr wollt“, macht die Chefin, eine ältere Damen, deutlich, die sorgsam darauf achtet, dass immer schnell nachgeschenkte wird. Es hat den Anschein, als säßen wir in ihrem Wohnzimmer, tatsächlich werden in der heimeligen Stube die Pensionsgäste verpflegt.

 

 

Nachdem wir die „Kaffee-Flatrate“ ausgiebig genutzt haben, starten wir zur nächsten Etappe, die uns auf schmalen Wegen ganz in den Süden von Hessen bringen wird. Wir folgen dem Lauf des Neckars und biegen dann in die Sackgasse nach Igelsbach ab. Rund 331 Einwohner zählt der Ort (Stand 2013), 224 wohnen in Hessen, 107 in Baden-Württemberg. Denn mitten durch die Wohnbebauung verläuft die Landesgrenze. Ein Kuriosum, das es nicht oft gibt.

„Habt Ihr Euch verfahren“, fragen uns zwei Anwohner, als wir die Motorräder am Straßenrand abstellen und die Fotoapparate herauskamen. Dass wir extra gekommen sind, um den „geteilten“ Ort zu besuchen, verwundert sie ein wenig. Uns wundern eher die Konsequenzen, die aus der Zugehörigkeit zu zwei Ländern resultieren: die Müllabfuhr kommt an verschiedenen Tagen, Ferien und Feiertage sind bei den Nachbarn unterschiedlich, es gelten andere Landesgesetze …

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Genau auf der Grenze: links ist Hessen, rechts Baden-Württemberg

1370 wurde der Weiler Igelsbach das erste Mal erwähnt. Schon im 14. Jahrhundert war der Ort zwischen den hessischen Herren von Hirschhorn und der Kurpfalz aufgeteilt. Versuche, die Grenzen zu verändern, gab es viele; sie scheiterten allesamt. Im Mai 1935 beispielsweise, weil die übergeordneten Landesbehörden im Zuge der „Flurbereinigung“ gern die Landesgrenze im nahegelegenen „Hirschhorner Zipfel“ neu gezogen hätte, was aber auf Widerstand stieß.

So wechselten zwar „die Herren“, die Grenze aber blieb. Im Laufe der Jahrhunderte gehörte der hessische Teil von Igelsbach zum Heiligen Römischen Reich, zum Großherzogtum Hessen, zum Deutschen Bund, zum Deutschen Reich, zur amerikanischen Besatzungszone und seither zur Bundesrepublik Deutschland; seit dem 27. September 1978 ist Igelsbach ein Stadtteil von Hirschhorn.

Gut 20 Kilometer noch und wir sind am Katzenbuckel. In der Turmschänke wollen wir unsere Mittagsrast einlegen.

 

 

Der Katzenbuckel ist mit 626 Metern der höchste Berg des Odenwaldes. Auch wenn man es kaum wahrnimmt, handelt es sich um einen erloschenen Vulkan, der vor rund 60 Millionen Jahren aktiv war. Rund 1.000 Meter im Durchmesser soll sein Schlot groß gewesen sein; ein hoher Gehalt an Magnetit lenkt an einigen Stellen, vor allem am Gipfelfelsen, Kompassnadeln noch immer von der magnetischen Nordrichtung ab. Wir genießen ungeachtet dessen unser Mittagessen und die herrliche Aussicht. Hausgemachte „Herrgottsbescheißerle“ mit Salat (Maultaschen) sind der Renner …

 

 

Es ist schon fast halb drei, als wir wieder auf die Motorräder steigen. Strahlend blauer Himmel und herrlichster Sonnenschein begleiten uns „Zum Steigkopf“ nahe Heppenheim. Zwei mächtige Steintische sind hoch oben am Berg für uns reserviert; noch einmal wollen wir gemütlich zusammensitzen und den herrlichen Ausklang einer abwechslungsreichen Motorradsaison genießen.

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An einem der Tische hat sich ein Ehepaar breit gemacht. Verschämt deutet sie auf das Reservierungsschild und blickt mich fragend an. Ich meine, so lange wir den Platz nicht bräuchten, könne sie gerne sitzen bleiben. Er hingehen schlürft provozierend an seinem halben Liter Wein, blickt in die Runde und fragt ein wenig von oben herab, warum wir denn zwei Tische bräuchten, wir seien doch nur acht.

„Weil gleich noch acht Motorradfahrer kommen und spätestens dann wäre es schön, wenn Sie sich einen anderen Platz suchen würde, denn dieser hier ist für uns reserviert, wie Sie unschwer am Reservierungsschild erkennen können“, meine ich freundlich aber bestimmt. Das wirkt – laut grummelnd packt er seine sieben Sachen und zieht um. Geht doch 😉

Am Selbstbedienungsfenster ordnen wir Kaffee und Kuchen, manch einer auch – wohl angesichts der milden Temperaturen – noch ein Eis mit heißen Himbeeren.

 

 

Irgendwie will niemand so recht nach Hause fahren. Das Ende der Saison ist nah und wir sitzen hier, nach einer tollen Tagestour, am Steigkopf gemütlich zusammen und schmieden Pläne für das nächste Jahr. Schweden, Normandie, Erzgebirge und das Aostatal sind derzeit die Favoriten. Mehr dazu in Kürze.

Nach und nach treten wir dann doch den Heimweg an. War wieder einmal schön mit Euch. Danke – und bis zur nächsten/ersten Tour in 2020.

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Die gefahrene Strecke haben wir wieder in einem kleinen Relive-Video zusammengefasst. Wir wünschen viel Spaß beim Anschauen.

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Wieder einen Teilnehmer glücklich gemacht

Noch einmal gut frühstücken, dann geht es wieder Richtung Heimat. Auch wenn der gestrige Tag sehr regnerisch war, war er doch auch irgendwie schön. Die mystische Stimmung, wenn wir bei aufziehendem Nebel in den bunten Blätterwald eintauchten, das Laub an den Bäumen, dass – wann immer die Sonne kurz durch die dunklen Wolken blitze – in herrlichen Farben leuchtete, die Vorfreude auf die Pausen an einem trockenen und warmen Ort, die tolle Stimmung untereinander …

Klar, bei besserem Wetter wäre alles noch schöner gewesen. Doch so konnten wir wenigstens wieder einen Teilnehmerwunsch erfüllen: „Bei der letzten Tour muss es kalt sein und es muss regnen, damit ich weiß, dass die Saison zu Ende ist“, meinte Norbert. Das haben wir hingekriegt …

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Es nieselt nur noch leicht, als wir um 9 Uhr die Motoren starten. Dieter fährt vorneweg, ich am Schluss. Bis zur Kaffeepause wollen wir gemeinsam unterwegs sein. Es geht quer über den Hunsrück, Richtung Birkenfeld. In den Tälern liegen die Wolken wie große Wattebällchen, immer wieder bieten sich herrliche Ausblicke. Und die Stimmung ist prächtig, wie sich bei einem kurzen Zwischenstopp zeigt.

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Gegen 10:30 Uhr erreichen wir Nohen nahe Birkenfeld und legen die letzte Pause im Café Allerhand ein. Ein leckerer Kaffee und ein schönes Stück Apfelkuchen kommen jetzt gerade recht.

Aufmerken lässt die Beschilderung des Sanitärbereichs im Café Allerhand. Nicht nur die Farben, sondern auch die Anzahl der Worte macht deutlich, für wen welche Tür ist 😉

Bevor ein jeder für sich nach Hause fährt, stellt sich unweigerlich die Frage: wann wird das Programm für 2020 fertig sein? Schließlich wollen wir doch auch in der nächsten Saison zusammen Motorrad fahren. Schweden könnte ein Ziel sein, ebenso wie die Normandie. Das Erzgebirge ist bei unserer Umfrage auf großes Interesse gestoßen, ebenso wie das Aostatal und das Piemont. In Kürze mehr …

Nach der Kaffeepause haben sich unsere Wege getrennt. Diese erste gemeinsame Etappe haben wir aber ebenfalls in einem kleinen Reliefe-Video festgehalten, das Dir den Routenverlauf zeigt

Gute Laune trotz ergiebiger Schauer

Dunkle Wolken hängen am Himmel, als wir am Samstagmorgen gemeinsam frühstücken. Angekündigt sind dauerhafte und ergiebige Niederschlöge, doch das Regenradar zeigt ein schmales, wolkenloses Band im Grenzgebiet zwischen Deutschland und Luxemburg. Sollten wir wieder einmal Glück mit dem Wetter haben? Noch sind wir zuversichtlich, als wir das „Frühstücks-Schlachtfeld“ verlassen.

Kaum dass wir auf die Motorräder steigen, fängt es an zu regnen. Noch sind wir optimistisch und steuern erst einmal eine der vielen Tankstellen an. 1,18 Euro kostet der Liter Super; schade, dass die meisten Motorradtanks ein so geringes Fassungsvermögen haben.

Auf regennasser Fahrbahn fahren wir in die kleine luxemburger Schweiz und erreichen bald darauf Echternach. Die Stadt liegt an der Sauer, direkt an der Grenze zu Deutschland. Bekannt ist die Stadt für ihr „Echternacher Springprozession“, bei der jedes Jahr am Dienstag nach Pfingsten Teilnehmer zu Polkamelodien in Reihen durch die Straßen der Stadt bis zum Grab des Heiligen Willbrod in der Echternacher Basilika ziehen.

Erste Ursprünge lassen sich bis ins Mittelalter zurückverfolgen; die älteste Quelle ist die Sequenz „Laudes Christo“ des Abtes Berno von Reichenau Abtes, in der die Gläubigen um das Jahr 1000 aufgefordert werden, das Lob Christi zu Ehren des heiligen Willibrord „magno tripudio“ (mit einem großen Dreisprung) zu feiern.

Die heutige Form der Springprozession geht auf das 19. Jahrhundert zurück. Dabei ist bislang nicht geklärt, wie es zu dem Tanzen oder Springen kam. Es gibt verschiedene Erklärungen: so war Willibrod ein Heiliger, der bei Nevenkrankheiten, Krämpfen und Epilepsie angerufen. Vermutlich haben Erkrankte an der Prozession teilgenommen oder es haben sich Gläubige in der Prozession wie Kranke bewegt, um eine dieser Krankheiten nicht zu bekommen. Eine weitere Erklärung sieht in der Prozession eine Danksagung an St. Willibrord, der die Menschen der Gegend vom Veitstanz befreit haben soll.

Wir würden vor Freude tanzen, wenn es so langsam zu regnen aufhören würde. Es tröpfelt mal mehr, dann wieder weniger – aber eigentlich ohne Unterlass; so langsam wird es Zeit für eine Kaffeepause. Auf kleinen, kurvenreichen Straßen fahren wir nach Colmar-Berg; in der kleinen Stadt liegt nicht nur Schloß Berg, die Residenz von Großherzog Henri, dem Staatsoberhaupt von Luxemburg sondern auch der „Circuit Goodyear“, eine Motorsport-Rennstrecke des amerikanischen Reifenherstellers, die zu Testzwecken aber auch für Sicherheitstrainings oder Rennen genutzt wird.

Unser Ziel ist die „Beierstuff“, ein kleines Bistro, in dem wir unsere vormittägliche Kaffeepause einlegen wollen. Doch zunächst trennt uns eine kleine Brücke vom ersehnten Ziel. Denn das Navi, das auf möglichst kleine Straßen optimiert ist, nimmt nicht den Weg über die Hauptstraße sondern wählt eine Nebenstrecke, die eigentlich in einer Sackgasse endet. Wir finden aber dennoch einen Weg zum Ziel …

In der „Beierstuff“ sind wir fast die einzigen Gäste. An einem Nebentisch nahe der schweren hölzernen Tür sitzen zwei alte Männer beim Frühschoppen und trinken schweigend ihr Bier. Auf einem großen Flachbildschirm flimmert tonlos eine Tierdoku, auf einem weiteren Fernseher werden Werbespots für verschiedene Lotterien gesendet. Die Wirtin gibt sich resolut und tut so, als ob sie nur französisch sprechen würde.

In großen Gesten bedeutet sie uns, an den  Tischen Platz zu nehmen, nur dann könne sie unsere Bestellung aufnehmen – und zwar der Reihe nach, eine nach dem anderen und nicht anders. Wer vermutet hätte, dass die Bestellungen nun eine nach der anderen „abgearbeitet“ würde (das hätte ja einen Sinn ergeben), sah sich getäuscht. Erst kamen zwei Milchcafe, dann zwei Kakao, dann … – das Chaos war perfekt 😉 Schließlich nahm sich Jeder, was es bestellt hatte – und wir das Ganze mit Humor. Hauptsache wir saßen warm und trocken.

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Nach der Pause gab‘s noch mehr Wasser. Diesmal nicht von oben sondern malerisch  neben das Straße fließend. Das Flüsschen Sauer ist das nächste Ziel, deren mäanderndem Lauf wir bis Esch-sur-Sure folgen.

Auf herrlich kurvenreichen Straßen geht es weiter zur Wiltz, einem Nebenfluss der Sauer. Es regnet noch immer. Glücklicherweise hängt das Herbstlaub noch weitestgehend an den Bäumen, so dass der Straßenbelag immer noch recht griffig ist. In Kautenbach gewinnen wir auf der „Altschter Strooss“ in engen Serpentinen wieder an Höhe – bei strömendem Regen und zunehmend schlechterer Sicht.

Es wird Zeit für die Mittagspause. Die wollen wir in einer kleinen Brasserie in Marnach einlegen. Ein Tisch ist schon für uns reserviert – wenn wir ihn den finden würden. Da, wo google-maps und MapSource die „Brasserie Aux Pyramides“ verortet, steht links eine Kirche und rechts eine Bushaltestelle – das war’s. Und das im strömenden Regen, na toll.

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Nach minutenlangem vergeblichen Suchen greifen wir schließlich zum Telefon. „Fahrt weiter bis zur Tankstelle, dahinter gibt es ein kleines Einkaufszentrum, da sind wir – ich laufe rasch zur Straße und zeige Euch den Weg“, erklärt uns der Besitzer. Minuten später stehen die Motorräder unter einem großen Vordach und wir im Trockenen. Wir schälen uns aus den Regenkombis und nehmen unter einem Heizstrahler Platz. Hier lässt es sich aushalten.

Entsprechend ausgedehnt ist die Mittagspause. Pasta in allen Variationen ist der Renner, ebenso wie „Strammer Max“ mit gleich drei Spiegeleiern. Immer wieder geht ein verstohlener Blick zum Fenster. Der Regen wird zwar weniger, aber er hört nicht auf. Und so nutzt Wilfried noch die Gelegenheit, das Futter seines Helms am Heizstrahler zu trocknen – bis es qualmt.

Die meisten möchten jetzt auf möglichst direktem Weg zum Hotel. Da Hans-Friedrich und ich nur wenig Lust auf breite Nationalstraßen gaben – so viel kann es gar nicht regnen – teilen wir uns auf: Dieter fährt direkt, ich noch ein paar Umwege. Einer davon führt uns zwischen Waldbillig und Reuland durch ein kleines Seitental, in dem die kurvenreiche Straße dem Bächlein „Schwaarz lernz“ folgt. Da es endlich aufgehört hat zu regnen, nutzen wir die Gelegenheit zu einem ausgiebigen Fotostopp.

In Ehnen treffen wir wieder auf die Mosel und legen vor dem „Grenzübertritt“ noch den obligatorischen Tankstopp ein. Es ist kurz vor 18:00 Uhr, als wir wieder im Hotel eintreffen, eine gute dreiviertel Stunde später als die erste Gruppe.

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Weil sich die Sonne gerade über die Weinberge schiebt, erklimme ich noch in Motorradkombi und Stiefeln eine kleine Anhöhe – zu Fuß, glücklicherweise. Der Weg den Berg hinauf ist mit Steinplatten gepflastert. Eigentlich hätte man den auch mit dem Motorrad rauffahren können. Doch der Sperrpfosten und das kreisrunde „Durchfahrt verboten“-Schild scheinen hier nicht ohne Grund zu stehen: die Platten sind aufgrund der Nässe unheimlich rutschig, so dass ich mich am Geländer festhalten muss, um nicht zu Boden zu gehen. Mit dem Mopped wäre das böse ausgegangen …

Zurück im Hotel geht’s endlich unter die Dusche und dann zum Abendessen.

Und wieder einmal zeigt sich, dass Reisen bildet. Als ich ein Foto der panierten Schnitzel auf Facebook poste und dazu schreibe, dass diese sich – dank einer leckeren Soße – in ein wunderbares Rahmschnitzel verwandelt hätte, zürnt mein Freund Christian, seines Zeichen Inhaber und Koch im Hotel Solaria in Obertauern. „Neeeeiiiinnnn!!!!!“, schreibt er mir. „Darauf steht bei uns der Verlust der Staatsbürgerschaft“.

Warum? Weil ein „Wiener Schnitzel“ – also ein gebackenes – niemals mit Soße in Verbindung gebracht werde. Jeder Koch, der sich dabei in Österreich erwischen lasse, werde von der Innung öffentlich angeprangert und müsse seine Lehrabschlussurkunde aufessen – und zwar ohne Soße. Soße gäbe es im Alpenland nur bei einem Naturschnitzels, also einem Stück Fleisch ohne Panade. Wieder was gelernt – so unterschiedlich sind die Sitten. Geschmeckt hat es trotzdem.

Morgen werden wir die Heimreise antreten. Bei hoffentlich besserem Wetter. Zumindest am Abend hat es aufgehört zu regnen. als wir vorm schlafen gehen, noch einmal vor die Tür treten.

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Auch vom zweiten Tag unserer Luxemburg-Tour gibt es ein kleines Relieve-Video, das Dir zeigt, welche Strecke wir gefahren sind. Viel Spaß beim Anschauen.

Ein Wochenende in Luxemburg

Die Wettervorhersage war gruselig: von ergiebigen Niederschlägen war die Rede und von Temperaturen im einstelligen Bereich. Acht unerschrockene Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer machten sich gleichwohl auf den Weg und trafen sich zum gemeinsamen Mittagessen im „Wirtshaus Domöne“ am „Simmersee“. „Wird schon nicht so schlimm werden“, lautete die Devise, während es draußen wie aus Eimern schüttete. Einziger Lichtblick: laut Regenradar sollten die Schauer bis 14 Uhr durch sein, für Luxemburg – dem Ziel des Wochenendes – wurden sogar trockene Straßen gemeldet.

Als wir um kurz nach zwei auf die Motorräder stiegen – und die schlammige Baustelle gleich hinter dem Restaurant erfolgreich durchquert hatten -, waren am Himmel die ersten blauen Stellen zu sehen. Und es sollte noch besser werden. Schon bald schoben sich nur noch ein paar dichte Wolken eindrucksvoll über den Horizont, die Bäume warfen bereits lange Schatten und das Grün der Wiesen leuchtete besonders intensiv. Schon die ersten Kilometer waren ein Erlebnis.

Auf kurvenreicher Strecke ging es durch den Naturpark Soonwald-Nahe, zunächst Richtung Erbeskopf. Mit 816 Metern ist der Erbeskopf der höchste Berg im Hunsrück und die höchste Erhebung auf der deutschen Seite links des Rheins. 1892 hatten Pioniersoldaten während eines Manövers einen ersten 1892 hölzernen Aussichtsturm errichtet. Zwei Jahre später beschloss der „Verein für Mosel, Hochwald und Hunsrück“ (der sich heute Hunsrückverein nennt), den Bau eines 24 Meter hohen Kaiser-Wilhelm-Turms. Ende 1939 wurde dieser um drei Stockwerke erhöht und in den nächsten Jahren ausschließlich militärisch genutzt. Fortan diente der Turm unter anderem als Funksendezentrale einer Richtstrahlverbindung von Berlin zur Atlantikküste.

Im März 1945 besetzten amerikanische Truppen den Erbeskopf und erweiterten die militärische Nutzung in den nächsten Jahren rheblich. Bis tief ins Gebiet der damaligen Sowjetunion wurde von hier aus der gesamte militärische Flugverkehr überwacht. Um drei große Radartürme errichten zu können, wurde der Kaiser-Wilhelm-Turm gesprengt und der „Bunker Erwin“ errichtet, der der NATO als multinationale Gefechtsstelle und mögliches Kriegshauptquartier Europa Mitte diente

Bis zu August 2004 war das Gipfelplateau stark umzäuntes Sperrgebiet. Jetzt ist es wieder frei zugänglich und wurde 2011 aufwändig neu gestaltet. Drei Skilifte, ein Skulpturenweg und eine Sommerrodelbahn gehören heute zu den Attraktionen. Der „Bunker Erwin“, für den sich lange Zeit keine Verwendung finden ließ, wird seit 2015 von einem schwäbischen Softwareunternehmen als Hochsicherheitsrechenzentrum mit dem Schwerpunkt Datensicherung sowie als Schulungszentrum genutzt.

Bald darauf erreichen wir den Keller Stausee erreicht. Der wurde 1969 als Naherholungsgebiet geplant. Nahe der Gaststätte, in der wir unsere Kaffeepause einlegen, ist das Gewässer zwischen einem halben und vier Metern tief; im hinteren Bereich, nahe des Staudamms, misst die Tiefe bis zu zwölf Meter. Wir genießen bei einem leckerem Stück Kuchen die fantastische Aussicht und das immer noch herrliche Wetter.

Kurz bevor wir zur letzen Etappe des heutigen Tages starten, sind die Technik-Spezialisten unter uns gefragt: wer findet heraus, wie sich an Silvias Ducati der Tageskilometerzähler auf Null setzen lässt? Während sich die Fahrerin daran erfreut, dass der kleine Scrambler endlich mal so richtig „eingesaut“ ist (nachdem wir durch eine schöne schlammige Baustelle gefahren sind), verzweifeln die Herren der Schöpfung an ihren Fähigkeiten. Es bleibt ein Geheimmis, wie der Tacho genullt wird …

Über die Ausläufer des Hunsrück geht es nach Saarburg und auf kleinen kurvenreichen Straßen nach „Letzeburg“. Nahe Grevenmacher überqueren wir die Mosel, die hier Grenzfluss ist. In Gréiwemaacher (so der luxemburger Name) leben 4917 Menschen; „nur“ 58,51 Prozent von ihnen sind Luxemburger. Die übrigen verteilen sich auf unglaubliche 79 Nationalitäten.

Wir folgen dem mäandernden Flußlauf der Mosel bis Wormeldange. Die Uferstraße liegt fast auf Flusshöhe, so dass die Fahrt ein wenig merkwürdig anmutet. Der 2386 Einwohner zählende Ort Wormeldingen (so die deutsche Bezeichnung) gilt mit seinen 360 Hektar Weinanbaufläche, verteilt auf insgesamt 13 Kilometern Moseluferstrecke, als Gemeinde mit der größten Weinanbaufläche im Großherzogtum.

Rechter Hand, ganz oben in den Weinbergen, findet sich eine kleine Kapelle, von der aus sich ein herrlicher Blick aufs Moseltal bietet. Das „Wormeldinger Koeppchen“ steht zugleich für eine der berühmtesten, wenn nicht der berühmteste luxemburgische Weinlage. In Wormeldingen finden sich zahlreiche private Weingüter sowie eine große Cremantkellerei der Winzergenossenschaften. Die liegt direkt an der Hauptstraße. Kaum in Sichtweite riecht es nach frisch gekelterten Trauben – und damit ein wenig nach Herbst.

Wir wechseln wieder auf die deutsche Seite und halten kurz darauf vor unserem Hotel. Die bereits offen stehende Garage erweist sich als zu klein für unsere acht Motorräder, worauf uns der Schwiegersohn der Chefin seine zur Werkstatt umgebaute Scheune als „Ausweichparkplatz“ anbietet. Während die untergehende Sonne die Weinberge auf der „anderen Seite“ der Mosel in mildes Abendlicht taucht, werfen wir uns unter die Dusche – um uns dann zum gemeinsamen Abendessen wiederzusehen.

Auch wenn das Hotel nicht allzu groß ist, ist der Speisesaal doch riesig; an fast jedem der vielen Tische sitzen Gäste und lassen es sich schmecken. Das Geheimnis: hier kocht die Seniorchefin selbst, noch dazu gut bürgerlich, was auch wir zu schätzen wissen.

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Für morgen haben wir eine schöne Runde Richtung Müllerthal geplant – mal sehen, ob das Wetter mitspielt …

Von unserer Tour in Richtung Luxemburg gibt es ein kleines Relieve-Video, das Dir zeigt, welche Strecke wir gefahren sind. Viel Spaß beim Anschauen.

Schluss-Etappe

Meine „Dienstreise“ neigt sich dem Ende zu. Heute geht es mit dem Motorrad zurück an den Genfer See, morgen mit dem Ducato dann nach Hause. Gegen halb acht gehe ich zum Frühstück. Den entsprechenden Voucher habe ich nicht gebraucht, es gab auch so Kaffee, Baguette, Croissants, Wurst, Käse, Joghurt, Milch … was man so braucht, damit der Tag gut anfängt.

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Bislang gab es das Frühstück auch ohne Voucher …

Mein erstes Ziel ist der Col de Lautaret (2058 Meter), von dem aus es direkt hoch auf den Galibier (2618 Meter) geht. Obwohl auf mehr als 2000 Meter gelegen, gilt der Lautaret doch als der niedrigste Übergang von den nördlichen in südlichen Alpen (oder umgekehrt). Das faszinierende ist immer wieder der Blick auf den Combeynot, an dessen Berghang sich ein großes Gletscherfeld befindet.

Nach einem kurzen Fotostopp nehme ich den Galibier „in Angriff“, den höchsten Pass des heutigen Tages. Ich bin fast allein unterwegs, als ich dem Gipfel entgegen fahre. Nur eine Gruppe Schweizer Motorradfahrer überholt mich (im Tiefflug) auf dem Weg dorthin.

Heute will ich es mal gemütlich angehen. Also verzichte ich auf die Schleife über den eigentlichen Col und nehme den kurzen Tunnel – eine Premiere. Am Nordportal stoppe ich kurz, um ein paar Fotos zu machen und stelle fest, dass das Wasser in den Pfützen am Straßenrand bereits gefroren ist. Es wird sicher nicht mehr lange dauern, bis über den Pass eine Wintersperre verhängt werden wird.

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Die Wasserpfütze am Nordportal des Galibier ist schon gefroren.

Auf dem Weg nach Saint-Michel-de-Maurienne kann ich mich garnicht satt sehen, an der faszinierenden Landschaft.

Auf halber Strecke kreuzt eine Schafherde meinen Weg, die auf die andere Seite des Hangs will. Ein paar Ziegen und Esel sind auch dabei. Ich liebe diese Begegnungen die oft rein zufällig sind – aber immer doch etwas Besonderes.

 


Wenig später halte ich hinter Valloire, um zuzusehen, wie eine große Schafherde in einen Lastwagen verladen wird. Ein mühsames und schweißtreibendes Unterfangen.

Dann geht es weiter zum Col du telegraphe (1566), der seinen Namen von dem gleichnamigen Fort ableitet, das ganz in der Nähe, hoch oben in den Bergen steht. Da die Tour de France oft über den Pass führt, erinnert ein großes Foto daran, wie es hier in den Anfängen ausgesehen hat. Da war die Straße noch unbefestigt.

In Saint-Jean-de-Maurienne halte ich mich rechts und fahre auf der D74 Richtung Montvenier. Eigentlich wollte ich die spektakuläre Höhenstraße unter die Räder nehmen, die sich in vielen engen, teilweise gemauerten Kehren den steilen Berg hinunter windet. Aber das Wetter lädt zu einem solchen Abstecher nicht unbedingt ein. Der Himmel zieht sich immer mehr zu, es wird windig und kalt.

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In vielen engen (gemauerten) Kehren ginge es den Berg hinauf – oder hinunter.

Bald darauf stehe ich am Abzweig zum Col de la Madelaine (2001 Meter). Was ich sehe, ist nicht wirklich einladend. Ein dichtes Regenband scheint sich über den Pass zu schieben. Mein Bordthermometer zeigt mir acht Grad an, ich befinde mich auf gut 500 Metern Höhe. Welche Temperaturen werden mich in 2000 Metern Höhe erwarten?

Ich entscheide mich für Plan B und bleibe erst einmal auf der D76. Die führt zwar relativ langweilig einfach nur geradeaus, aber ich bleibe (erst einmal) trocken. Doch kurz vor Aiguebelle fängt es leicht an zu nieseln. Nicht sehr stark, aber doch so viel, dass ich erst einmal beschließe eine Pause zu machen. Schon oft haben wir bei unseren Touren Regenschauer einfach „ausgesessen“. Das wird auch heute hoffentlich funktionieren.

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Keine schönen Aussichten – glücklicherweise blieb der Regen in den Bergen hängen

Das Hotel „Le Relais des Postes“ kommt mir gerade recht. Hier werde ich eine spontane Mittagsrast einlegen, wird als Spezialität des Hauses doch Pizza angeboten, die über dem Holzfeuer zubereitet wird. Nach ausgiebigem Studium der Karte entscheide ich mich für die Pizza Savoi, die mit würzigem Reblochon-Käse, Zwiebeln, Speck und klein gewürfelten Kartoffeln belegt ist. Ein Genuss.

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Spontane Mittagspause: Pizza mit würzigem Reblochon-Käse, Zwiebeln, Speck und klein gewürfelten Kartoffeln

Nachdem die Passanten draußen auf der Straße ihre Regenschirme wieder eingeklappt gaben, beschließe ich weiterzufahren und überlasse die Routenführung ausnahmsweise meinem Navi. „Kurvenreiche Straßen bevorzugen“ und „Autobahn ausschließen“ sind die Parameter – mal sehen ob ich mich mit der vorgeschlagenen Strecke anfreunden kann oder wieder meiner eigenen Wege fahre.

Der Einstieg ist schon vielversprechend. Bei Saint-Pierre-d’Albigny geht es kurvenreich den Berg hinauf; in einer Kehre bietet sich eine prachtvolle Aussicht hinunter ins Tal.

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Prächtige Aussichten nach einem kurzen Regenschauer

Über den Col du Frene (950 Meter) geht es weiter Richtung Bellecombe-en-Bauges. Eine Herde Kühe trottet gemächlich neben der Straße Richtung Stall – sieht lustig aus.

Der Col de Leschaux (950 Meter) ist der letzte Pass, den ich bei dieser Reise unter die Räder nehme. Glücklicherweise habe ich mich – anders als geplant – links des Sees von Annecy gehalten. Als ich bei Saint Jorioz kurz halte, um einen Blick auf den sechsgrößten See Frankreichs zu werfen, sehe ich auf der anderen Uferseite dunkle Regenwolken. Glück gehabt.

Bald darauf ist Annecy erreicht, das Venedig der Alpen. Bisher haben wir – vorwiegend wegen des Verkehrs – einen weiten Bogen um die Stadt gemacht, heute fahre ich mitten durch und bin überrascht, wie schön die Stadt doch ist.

Noch gut 20 Kilometer und ich bin wieder im Hotel. Vorher muss ich aber unbedingt noch einen Stopp in der Metzgerei von Allonzier-la-Caille einlegen. Die französische Salami ist ein Genuss und so will ich eine kleine Auswahl mit nach Hause nehmen. Schon beeindruckend, was hier an der Theke und in Kühlschränken so alles angeboten wird …

Kurz nach 17 Uhr steht die G/S wieder im Ducato. Die Kombi hängt über der Sitzbank, Helm und Stiefel sind gut verstaut. Ich schlüpfe in Jeans und Schuhe und stelle wehmütig fest, dass diese wunderbare Tour nun zu Ende ist. Könnte ich – in ähnlicher Form, mit einem anderen Ziel – im nächsten Jahr glatt wiederholen … Wer wäre mit dabei?

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Feierabend – morgen gehts auf vier Rädern nach Hause

Wir haben diese Etappe in einem kleinen Relive-Video festgehalten, damit Du den Streckenverlauf nachverfolgen kannst.

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Über den Bonette nach Briancon

Ich kann es kaum fassen: wir haben Anfang Oktober und alle großen Alpenpässe sind noch offen. Das wird auch heute ein toller Tag werden, da bin ich mir sicher. Schon der Sonnenaufgang am frühen Morgen direkt am Meer war wieder ein ganz besonderes Erlebnis.

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Heute geht es wieder Richtung Heimat. Gegen 14 Uhr kann ich mich endlich auf den Weg machen. Es geht die Küste entlang, dann kämpfe ich mich noch einmal durch Nizza und fahre anschließend durch das Tal des Tinée Richtung Bonette. Unterwegs lege ich wieder den einen oder anderen Fotostopp ein und genieße die vielfältigen Eindrücke.

In Clans lädt eine kleine Boulangerie/Patisserie zu einem kleinen Stopp. Es ist halb zwei, da kommt ein spontaner Café Creme und eine leckere Quiche Poireau Parmesan gerade recht. Ich sitze im Schatten, schaue nicht auf die Uhr und lasse mir das Essen schmecken. Von hier aus sind es noch gut 70 Kilometer bis zur Cime de la Bonette.

Bei strahlendem Sonnenschein setze ich meine Fahrt fort. Je höher ich komme, umso geringer wird die Vegetation. Vor Murmeltieren wird gewarnt – gesehen habe ich keine. Die Berge bilden ein prächtiges Panorama, an dem ich mich nicht satt sehen kann. Stellenweise fahre ich mit gerademal 40 km/h die Straße entlang – bei meinen Gruppenreisen völlig undenkbar. Da steht der Fahrspaß im Vordergrund, heute der visuelle Genuss.

Endlich finde ich die Zeit, an den Ruinen alter einstmals militärisch genutzter Wohngebäude unterhalb des Restefonds anzuhalten. Bislang sind wir hier immer durchgerauscht. Ich entdecke an den Bergflanken alte Festungen und Geschütztürme und versuche mir vorzustellen, wie und unter welchen Bedingungen hier einst Menschen in kriegerischen Auseinandersetzungen „gelebt“ haben, wo wir heute nur unseren Spaß haben.

Bald darauf ist die Passhöhe des Col de la Bonette (2715 Meter) erreicht. Die Straße zur 2802 Meter hohen Cime de la Bonette ist bereits gesperrt, an der Nordflanke liegt der erste Schnee.

Sicher wäre die Straße passierbar gewesen. Da ich aber noch ein paar Kilometer zu fahren habe und unterwegs noch einen Kaffee trinken möchte, verzichte ich auf den Abstecher und fahre weiter Richtung Jausiers. Unterwegs finden sich wieder viele schöne Fotomotive.

Ich folge dem Lauf der L‘Ubaye und biege bald darauf auf die D902 ab, die mich hinauf auf den Col de Vars (2109 Meter) führen wird. Die Sonne steht schon tief und verschwindet, je nach Streckenverlauf, bald schon hinter den Bergen. Ich muss mich beeilen. Ein alter Landy vor mir macht bereitwillig Platz – wir werden uns am Vars wiedersehen.

Es ist kurz nach fünf, als ich die Passhöhe erreiche. Ein großes Stück Wallnusskuchen und eine heißer Milchkaffee stehen vor mir, als die Sonne so langsam beginnt, hinter den Bergen zu verschwinden. Was für ein timing. Auf der Terrasse sitzend genieße ich das „Schauspiel“ – aber nur, weil ich den Abstecher am Bonette ausgelassen habe. Wieder einmal fügt sich alles zusammen.

Als ich aufbrechen will, stoppt der alte Landy am Pass. Ein altes Ehepaar steigt aus und vertritt sich die Beine. Sie finden mein altes Motorrad toll, ich ihr altes Auto. Als ich auf das Dachzelt deute, geben sie mir zu verstehen, dass sie darin auch schlafen. Unglaublich. Mit ein paar Brocken französisch und italienisch führen wir ein kleines Gespräch, bevor sich unsere Wege trennen. An meinen Sprachkenntnissen muss ich unbedingt arbeiten.

Auf der Weiterfahrt bietet sich ein prächtiger Blick auf Guillestre, dort wechsle ich auf die Nationalstraße, um noch vor Einbruch der Dunkelheit mein Ziel zu erreichen. Ein Tankstopp noch und ich stehe auf dem Parkplatz meines Hotels in Briançon. Es ist zwanzig vor sieben als ich den Motor abstelle.

Rund 200 erlebnisreiche Kilometer – und unzählige Fotostopps – liegen seit dem Start am Mittag hinter mir. Einen Teil der „Bilderausbeute“ habe ich hier veröffentlicht – war „zeitraubend“ (nicht im eigentlichen Sinne des Wortes) aber jeder Stopp hat sich gelohnt 😉

Auch den Verlauf dieser Tagesetappe haben wir in einem kleinen Reliefe-Video festgehalten, damit Du sehen kannst, wo wir überall lang gefahren sind.

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Keine Zeit zum Motorrad fahren

Der Mittwoch war wieder einmal vollgepackt mit Arbeit. Für die geplante Motorradtour in Richtung der Ruinen des zerborstenen Staudamms von Malpasset blieb leider keine Zeit.

Dafür gab es am Morgen wieder einen fantastischen Sonnenaufgang

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Und am Abend die Gelegenheit, den Sonnenuntergang direkt am Meer zu erleben – zumindest, bis sich die Sonne über die hohen Felsen an der Küste geschoben hatte …

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Utelle statt Turini

„Fahr doch lieber nach Utelle“, hatte Ronny gemeint, als ich ihm davon erzählte, den freien Dienstagnachmittag für einen Abstecher zum legendären Col de Turini unternehmen zu wollen. „Da steht eine Kirche in imposanter Lage von der Du eine ganz tolle Aussicht hast“. Also plane ich um und folge seinem Rat.

Der Tag hatte wieder mit einem fantastischen Sonnenaufgang begonnen und einem aussichtsreichen Frühstück.

Der Vormittag nimmt mich beruflich in Anspruch, am Nachmittag habe ich aber Zeit für eine kleine Motorradtour. Es geht die Küste entlang, hoch nach La Turbie – auch einen Empfehlung von Ronny. „Vom Tete de Chien hast Du einen tollen Blick auf Monaco“, hatte er mir den Mund wässrig gemacht. Ich halte an der alten Festung und blicke über die Ruinen der ehemaligen Stallungen aufs Meer. Zum „Hundskopf“ führt ein schmaler Fußweg; mir genügt heute ein Blick vom nahegelegenen Felsvorsprung auf das Steuerparadies.

In La Turbie wecken die Reste eines römischen Siegerdenkmals mein Interesse – errichtet um das Jahr 7/6 vor Christi, zur Zeit des Kaiser Augustus, anlässlich der Niederwerfung verschiedener Alpenstämme. Das imposanten Bauwerk steht in Sichtweite der Kirche; die Stadt selbst wurde überwiegend mit Steinen aufgebaut, die von diesem Denkmal stammen.

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Alles, was vom römischen Siegerdenkmal geblieben ist.

Statt über die Autobahn zu fahren, nehme ich die parallel verlaufende M2204. In Saint-André-de-la-Roche zweige ich nach Norden ab. Prachtvolle Alleen und abenteuerliche Höhenstraßen säumen meinen Weg nach Utelle.

Bald darauf spaziere ich durch den kleinen Ort – und suche die Kirche mit der fantastischen Aussicht. Ich finde mehrere Gotteshäuser, die Madonna d‘Utelle ist nicht dabei.

Auf der digitalen Karte meines Handys entdecke ich eine kleine Stichstraße. Die Wallfahrtskirche liegt in 1180 Meter hohem Plateau, mit Blick auf die Täler des Var und Tinée. Das könnte passen.

Auf den ersten Kilometern bietet sich ein prächtiger Blick auf Utelle, wenig später warnt ein Schild vor einer immer schmaler werdenden Straße. Starke Windböen beuteln mein Motorrad, wann immer wir den Windschatten von Büschen und Bäumen verlassen. Immer noch ist von der Wallfahrtskirche nichts zu sehen. Zunehmend lustloser fahre ich die kleine Höhenstraße hinauf. In einer Kehre packt mich erneut ein kräftiger Windstoß – und ich beschließe umzudrehen. „Bis hier und nicht weiter“, denke ich mir, zumal ich mich frage, tatsächlich auf dem richtigen Weg zu sein?

War ich, wie ich am Abend erfahren. In gut zwei Kilometern hätte ich mein Ziel erreicht. Das ist doch ein Grund ist wiederzukommen, den Weg kenne ich ja jetzt …

Es ist fast halb fünf, als ich den Rückweg antrete. Der führt erst einmal durch die Vesubie-Schlucht. Auf einsamen Wegen geht es dann weiter zum Col St. Roch. Dunkle Wolken ziehen auf und tauchen die Landschaft in ein dramatisches Licht. Nebelschwaden wabern durch die Bäume als ich mich langsam der Passhöhe nähere. Links zweigt die Straße zum Turini ab, rechts markiert ein Kreuz den höchsten Straßenpunkt.

Kurven- und kehrenreich geht es nun bergab. Heute streife ich die Ausläufer von Nizza nur, der Verkehr hält sich insofern in Grenzen. Um halb sieben bin ich, direkt aus den Bergen kommend, wieder am Meer und genieße den Blick auf die Bucht von Villefranche-sur-Mer. Kurz danach ist das Hotel erreicht. Ich glaube, hier könnte es mir auch für länger gefallen …

Den Routenverlauf dieser Tour haben wir in einem kleinen Relive-Video festgehalten, damit Du sehen kannst, wo wir überall entlang gefahren sind.

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