Donnerstag, 12.9.2019 / Cevennen – 5. Tourtag: Noch einmal haben wir Gelegenheit, die unglaubliche Vielfalt der Cevennen zu entdecken. Heute wollen wir bis zum Mittagessen dem Lauf der Tarn folgen. Wieder beginnt der Tag mit einem herrlichen Sonnenaufgang, den ich heute nicht am Rande der Hauptstraße, sondern von einer kleinen Anhöhe hinter dem Hotel aus aufgenommen habe – und dabei noch ein paar neue Motive einfangen konnte.

Heute will Charly auch sein Versprechen einlösen und meine beiden Reservekanister wieder auffüllen. Als wir uns am Samstag nahe des Genfer Sees getroffen hatten, war sein Motorrad als einiges nicht vollgetankt. Um die Gruppe am nächsten Morgen nicht aufzuhalten, wurden kurzerhand zweimal 5 Liter Reserve aus dem Ducato „entliehen“ – diese Schuld wurde nun beglichen. Den einen Kanister in der linken, den anderen in der rechten Hand, „stürmte“ Charly – leicht vor sich hin grummelnd – Richtung Tanke, die in Sichtweite des Hotels lag. Und erinnerte damit irgendwie an einen alten Werbespot von Aral …

Um kurz nach 9 Uhr machen wir uns auf den Weg. „Wenn Du unterwegs ein paar Kühe siehst, kannst Du gerne zum Fotografieren, anhalten“, ruft mir Thea beim Losfahren zu. Noch einmal nehmen wir den „Col de Finiels“ unter die Räder – und treffen auf gut 1500 Meter tatsächlich auf ein paar wunderschöne Rindviecher, die am Straßenrand grasen. Wir stören ja nur ungern beim „Frühstück“, aber ein paar Fotos müssen jetzt sein.

Hier oben „im Gebirge“ liegt die Quelle des Tarn. In „Le Pont-de-Montvert- treffen wir das erste Mal auf das noch kleine Flüsschen und halten für einen kurzen Fotostopp. Wahrzeichen des Ortes ist eine zweibogige Brücke aus dem 17. Jahrhundert, die seit 1950 als „monument historique“ anerkannt ist. Kurvenreich windet sich die Straße, ein wenig oberhalb des Gewässers, und gibt einen Vorgeschmack, auf das, was uns in den nächsten Stunden erwarten wird.

Die erste Kaffeepause legen wir (ganz standesgemäß) im Grand Hotel du Park in Florac ein. Einige Fotos, die an der Terrassenwand aufgehangen sind, erinnern an einstige Oldtimertreffen und stoßen auf unser Interesse. Die große Außentreppe bietet sich für ein Gruppenfoto an, das wir vor der Weiterfahrt schnell noch aufnehmen.

Zunächst kehren wir dem Tarn ein wenig den Rücken und fahren auf der D16, durch das Herz des „Parc national des Cevennes“. Hoch ins „Gebirge“ geht’s und auf einer kurvigen, fast schon abenteuerlichen Straße hinunter nach Montbrun. Eine große Gruppe an Motorradfahrern aus Würzburg steht am Wegesrand und „blockiert“ die einzige Stelle, an der wir unsere Motorräder gefahrlos hätten abstellen können. Der spontane Fotostopp muss folglich ausfallen.
Im Tal angekommen wechseln wir nicht auf die D907B, sondern fahren links des Tarn auf schmaler Trasse Richtung „Grotte de Castelbouc IV“. Mit einem Führer kann man hier bis zu 100 Meter tief in die Erde hinab steigen. Wir wagen ein anderes Abenteuer und überqueren auf einer schmalen „pont flume“ den Tarn.
Auf den nun folgenden Kilometer folgt ein wahres Feuerwerk an beeindruckenden Ausblicken. Eigentlich könnte man an jeder Ecke anhalten, um ein Foto zu machen. Mit ein paar Motorrädern „im Schlepptau“ ist das nicht so einfach, weil meist nicht gefahrlos möglich. (Wenn was passiert, muss man sich den Stopp möglicherweise zurechnen lassen und ist in der Haftung). Also genießen wir fahrend die bizarren Felsformationen, durch die sich der Tarn gegraben hat.
In dem winzigen Ort La Malene zweigt die D 16 in mörderisch engen Kehren rauf zum Col de Rieisse, der auf der Hochebene „Causse Mejean“ liegt. Die Strecke ist nichts für schwache Nerven, hängt die Straße doch stellenweise förmlich senkrecht über dem Tarn. Die Aussicht auf den gut 140 Einwohner zählenden Weiler „La Malene“ aber ist phänomenal.
Wenig später haben wir „Le Rozier“ erreicht. In Sichtweite liegt das kleine Dorf „Peyreleau“, am Unterlauf der Jonte, wenige Meter von deren Einmündung in den Tarn entfernt. Die höchste Erhebung im Ort ist der mächtige viereckige Uhrenturm, der 1617 auf den Fundamenten einer alten Burg aus dem 12. Jahrhundert erreichtet wurde.

Auch ein Schloß gibt es, mit einer spannenden Geschichte. Das wurde 1470 durch Pierre II. d´Albinac errichtet und von dessen Enkel 1559 erweitert. Die dazu notwendigen Mittel hatte er vorbeiziehenden protestantischen Truppen entwendet, in dem er deren Kriegskasse beschlagnahmte. Die Beute war mehr als ausreichend, den Rest seines „Schatzes“ versteckte er, ohne seinen Erben zu verraten, wo. Milizionäre, die 1791 auf das Schloss geschickt wurden, um den letzten Bewohner aus dem Hause Albignac festzunehmen, der (wohl grundlos) beschuldigt wurde Kopf einer gegenrevolutionären Räuberbande zu sein, fanden bei der Durchsuchung unter der Treppe zwei Kisten mit Gold und Silber …
Wir suchen nicht Gold und Silber sondern Parkplätze, die in „Le Rozier“ Mangelware zu sein scheinen. Als wir auf der „Hauptstraße“ wenden, kommt aus dem Restaurant eine junge Frau auf mich zu und fragt, ob wir die Motorradgruppe seien, die den Mittagstisch reserviert hätte? Dann könnten wir gleich hinter der Brücke rechts, im Annex des Hotels parken. Prima – klappt doch. Danke.
Erika macht es richtig und tauscht die dicken Motorradstiefel gegen ein paar luftige Schlappen. So wird die Pause richtig bequem …

In der Wolfsfährte, dem „Pas du Loup“ steht die lange Tafel schon für uns bereit. Zwei Gerichte gibt es als „Formule du Midi“ – das kleine preiswerte Mittagessen. Entweder Forelle oder Entrecote; da fällt die Wahl schwer.

Als das Essen dann kommt, die große Überraschung. Zur Forelle gibt es Kartoffelbrei im Töpfchen, der nach Käse schmeckt und Fäden zieht. Schnell wird gegoogelt, was sich hinter der angekündigten Beilage „Aligot Maison“ verbirgt: ein herzhaftes Kartoffelpüree mit Bergkäse – würzig und cremig zugleich. Sehr lecker und wieder was gelernt.

Aber auch das Entrecote weiß zu überzeugen. In der „Wolfsfährte“ lässt sich richtig gut und zu einem angemessenen Preis essen.

Zum Menü gibt es noch einen Beerennachtisch auf Vanille-Creme und zur Verdauung einen kleinen Kaffee. Satt und zufrieden machen wir uns anschließend auf den Weg zu den Motorrädern.

Das nächste Ziel ist die „Point Sublime“, ein Aussichtspunkt, der einen fantastischen Blick auf eine der vielen Schluchten gewährt, durch die sich der Tarn 400 Meter tief gegraben hat. Nahe Saint-Georges-de-Levejac, gegenüber der „ Causse Mejean“, einer Kalk-Hochebene, bietet sich uns dieses unglaubliche Spektakel.

Wir halten uns nördlich, Richtung Mende. Vor Jahren haben wir dort, nahe der gotischen Kathedrale „Notre-Dame-et-Saint-Privat“, eine Pause in einem kleinen Eiscafe eingelegt. Im Hinblick auf die mittlerweile doch recht hohen Temperaturen und des – angesichts der vorangeschrittenen Uhrzeit – zu erwartenden Berufsverkehrs, hoffen wir, auf dem Weg zum Hotel noch eine Alternative zu finden. Das „Relais des Chausses“ in Chanac kommt da wie gerufen: Terrasse im Schatten, Parkplatz gegenüber und eine kleine Leckerei gibt es auch noch. Hier können wir den heutigen Tag prima ausklingen lassen.

Über den 1240 Meter hohen „Col de la Roche“ schrauben wir uns anschließend wieder in die Berge, um nahe Rieutort-de-Randon auf die D1 abzubiegen. Unser Ziel, Chateauneuf-de-Randon, ist hier bereits ausgeschildert; gut 20 Kilometer müssen wir noch fahren, dann sind wir wieder im Hotel. Die Route führt durch „Gevaudan“, eine historische Region des alten Galliens, dessen höchster Berg der 1551 Meter hoch gelegene „Signal de Randon“ im „Massif des Margeride“ ist. Von dessen Name leitet sich wohl die Endung „de-Randon“ in den Ortsnamen ab.
Im Hotel angekommen, wird die BMW gleich verladen. Für mich ist die Tour heute zu Ende. Morgen sitze ich wieder im Ducato und fahre die Koffer in unsere Hotel nahe des Genfer Sees, während auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer noch eine letzte Tagesetappe mit Dieter wartet.

Ein letztes Mal genießen wir in dieser Woche die gute Küche des „Hotel de la Poste“ und schwelgen ein wenig in Erinnerungen, waren die vier zurückliegenden Tourtage doch sehr erlebnisreich und beeindruckend.
Darauf, dass alles so gut geklappt hat, wollen wir am Ende des Tages anstoßen und freuen uns schon jetzt auf die nächste Tour, die uns (in den nächsten Jahren) wieder mal in die Cevennen führen wird. Prost!

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Der Kartenausschnitt zeigt die Strecke, die wir am Donnerstag, den 12.9.2019 zurückgelegt haben. Im anschließenden Post siehst Du die Route auch im Video. Das haben wir, zusammen mit einem kurzen Text, schon während der Tour veröffentlich.

Quelle: MapOut – eine sehr empfehlenswerte App
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