TOURBERICHT „IN DEN NORDEN DER TOSKANA“
Samstag, 20. Juni | 7. Tag
Wir sind wieder da, in Innichen, dem Ausgangs- und Endpunkt unserer Motorradreise, die uns bis in den Norden der Toskana geführt hat.
In der Nacht hatte es am Gardasee ein kräftiges Gewitter gegeben und damit waren die Temperaturen ordentlich gefallen. Also hieß es am Morgen erst mal wieder das Innenfutter in die Jacke zippen und den Fleece-Pullover anziehen.
Gut 30 Kilometer folgen wir der Uferstraße bis Arco. Glücklicherweise ist recht wenig los. Der Wind peitscht das Wasser regelrecht auf, so dass es eine Freude ist, den Wind- und Kite-Surfern zuzusehen. Mit abenteuerlichen Geschwindigkeiten schießen diese übers Wasser; hätten wir nicht noch 300 Kilometer vor der Brust, würden wir sicher einen ausgedehnten Fotostopp einlegen.
Den kurvenreichen „Monte Bondone“ umfahren wir auf der Westseite und erreichen bald darauf Trento. Eine Fahrt quer durch die Stadt wäre angesichts der zahlreichen Kreisel und des starken Verkehrs der pure Horror! Doch wir haben Glück: Nach nur einem Kreisel erreichen wir die Umgehung und zweigen nach wenigen Kilometern Fahrt Richtung Valle Fasse ab.
Dicht drängen sich die Felsen an die Straße, die aber gut ausgebaut ist, so dass wir zügig vorankommen. Erst bei Cavalese weitet sich das Tal, dafür wird es merklich dunkler am Himmel. Eine Mittagspause wäre jetzt nicht verkehrt; dann wird sicher wieder die Sonne scheinen. Genau so ist es. Kaum haben wir noch einmal die gute italienische Pasta gegessen, ist der Himmel wieder strahlend blau.
Auf gut 2000 Meter schraubt sich die Straße anschließend den „Passo di Valles“ hinauf, um sich dann wieder nach Alleghe hinunter zu stürzen. Und von gut 500 Meter über dem Meeresspiegel, erklimmen wir „im Formationsflug“ den Passo di Giau. Bis zur Passspitze ist kein Auto, kein Bus und kein anderes Motorrad vor uns. Das ist selten, umso mehr genießen wir die freie Fahrt.
Die Aussicht vom Giau ist wieder einmal mehr als beeindruckend. Immer wieder klicken die Fotoapparate, surren die Videokameras. Bald darauf trifft auch Dieter mit seiner Gruppe ein. Er hat den Umweg über den schmalen und kurvenreichen „Manghen“ genommen. Speedy hingegen wollte die ganz große Runde fahren und dürfte wohl noch ein wenig auf sich warten lassen.
Wir verabreden uns mit Dieter und dessen Gruppe zum Eis essen und Kaffee trinken am Misurina-See. Über den „Tre Croce“ wollen wir fahren, den letzten Pass dieser Tour. Doch in Cortina herrscht Chaos. Überall wird gebaut, sind Straßen aufgerissen, zudem sorgt eine Großveranstaltung in der Ortsmitte für Durcheinander. Und: die Zufahrt zum Pass scheint gesperrt. Mitten auf der Straße steht ein Gitter an dem ein merkwürdiges Schild, mir rotem Rand und weißen Kreis befestigt ist.
In Italien heiß das eigentlich: befahren auf eigene Gefahr. Also probieren wir es mal. Im schlechtesten Fall müssen wie wieder rumdrehen. Schon bald steht der erste Carrabiniere am Straßenrand. Wir grüßen freundlich, er grüßt zurück. Das stimmt hoffnungsvoll. Wir passieren zahlreiche Kurven, die mit Strohballen gesichert sind, winken Streckenposten zu und durchfahren Zeitmessungen. Niemand nimmt an unserem Tun irgendwelchen Anstoß. Das eigentliche Rennen lässt wohl noch ein wenig auf sich warten und da scheint es für einen Italiener nur allzu logisch, die Strecke nicht wirklich sperren zu müssen. Schon allein deshalb ist mir dieses Land so sympathisch!
Vom Misurinasee aus geht es geradewegs ins Hotel. Gut 25 Kilometer, die wir flott und flüssig fahren. Ein letztes Bier, noch einmal ein herrliches Sieben-Gänge-Menü, ein gemeinsames Frühstück und dann geht es wieder nach Hause. Das Wetter soll schlechter werden; am Großglockner sei mit Schneefall zu rechnen, heißt es. Na, dann können wir ja fahren. Wir hatten eine Woche lang nur Sonnenschein!
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