Archiv der Kategorie: Karawanken 2019

Rückblick auf die Karawankentour

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Endlich! Jetzt ist auch der Tourbericht unserer abwechslungsreichen Motorradtour in die Karawanken geschrieben und veröffentlicht. Eine ganz Woche lang haben wir vom Berghof Brunner aus die Gegend rund um Bad Eisenkappel für uns entdeckt: mehrfach waren wir in Slowenien, sind in Österreich rund um zwölf Seen gefahren, haben in einer alten Nudelfabrik Kaffee getrunken und unvermutet den Reiz einer Tour auf Bundesstraßen entdeckt.

Nachzulesen ist das alles hier: in unserem Tagebuch zur Karawankentour.

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In diesem Jahr wollen wir im Mai in die Normandie, im Juni zur Mecklenburgischen Seenplatte, im Juli ins Erzgebirge und Ende August/Anfang September ins Aostatal. Dazu kommen drei Wochenendtouren: Anfang April gehts zu Saisonstart ins Lahntal und im August zur Brotzeit zur Zillertaler Höhenstraße. Zum Abschluss der Saison fahren wir im Oktober dann noch mal von Freitag bis Sonntag in die Fränkische Schweiz.

Du hast Lust, bei einer dieser Touren dabei zu sein? Dann schreib uns eine Mail an kurvenfieber@mac.com. Wir melden uns umgehend bei Dir.

Eine tolle Woche in den Karawanken

Fünf Tage Motorradspaß vom Feinsten haben wir im Grenzgebiet zwischen Österreich und Slowenien genossen. Vom Berghof Brunner in Bad Eisenkappel sind wir aufgebrochen, um dem Tal der Drau zu folgen, die Lavantaler Alpen zu entdecken, den Mangart zu erstürmen, eine kurzweilige Seen-Tour zu unternehmen oder Creme-Schnittchen am Bleder See zu probieren.

Die Tourberichte folgen in Kürze. Heute wollen wir Euch schon mal eine kleine Auswahl unserer Bilder zeigen:

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Rückfragen wie immer gerne an kurvenfieber@mac.com

Aufbruch zu nachtschlafender Zeit

Samstag, 27.7.2019 – Rückreise:  Um kurz nach vier schlage ich die Augen auf. Rumdrehen und weiterschlafen? Oder die Gunst der frühen Stunde nutzen und zur Heimfahrt aufbrechen? Ich entscheide mich für den Weg nach Hause und schmeiße um halb fünf den Motor des Ducato an. In finsterer Nacht fahre ich die engen Serpentinen zur Hauptstraße herunter und dann weiter Richtung Autobahn.

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Diesmal nehme ich die A2, Richtung Graz, und dann die A9 nach Passau. So umgehe ich elegant den Stau bei Salzburg, der bereits keine zwei Stunden später im Radio gemeldet wird.

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An der Grenze zu Deutschland geht es kurzzeitig im Schritt-Tempo voran, noch hält sich der Verkehr in Grenzen. Dem frühen Aufstehen sei Dank.

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In Eging am See lege ich die erste Pause ein. Der Duc braucht Diesel, ich mindestens zwei große Becher Kaffee.

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Es läuft, ich komme gut voran. Neun Stunden werde ich für die mehr als 800 Kilometer brauchen, bis ich wieder zu Hause bin. Noch eine Pause in Sailauf; von dort aus sind es dann nur noch 62 Kilometer.

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Eine tolle Alternative

Freitag, 26.7.2019 – 5. Tourtag: Der letzte Tag unserer abwechslungsreichen Karawankentour ist angebrochen. Noch einmal frühstücken wir gemeinsam. Eigentlich wollten wir heute zu einer kurzweiligen Entdeckungsreise nach Slowenien aufbrechen. Das Land und die Menschen faszinieren uns, da wollten wir zum Abschluss noch mal einen kurvenreichen Abstecher in den Süden unternehmen. Dummerweise prognostiziert die Wetter-App schwere Gewitter und dauerhaften Regen. Bis zu ersten Kaffeepause könnte es noch einigermaßen trocken bleiben, dann aber soll es Richtung Kamnik fürchterlich nass werden.

Sollen wir es trotzdem wagen? Nicht immer bewahrheiten sich die Vorhersagen. Oder gehen wir lieber auf Nummer sicher? Vorsorglich hatten wir noch eine Alternative nördlich der Karawanken vorbereitet, die sich an den Tourenvorschlägen des Berghof Brunner orientiert. Allerdings führt diese häufig über Bundesstraßen, die wir eigentlich nicht so gerne fahren.

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Nach der dritten Tasse Kaffee entscheide wir uns spontan: wir bleibe in Österreich und lassen uns nicht nass regnen. Das erste Ziel ist das kleine Kaffee am Soboth-Stausee. Der liegt auf der Koralpe, die zur Hälfte im Bundesland Kärnten und zur anderen Hälfte in der Steiermark liegt. Die Koralpe ist ein mächtiger Gebirgszug der Lavanttaler Alpen. In den Jahren 1987 bis 1991 wurde das Pumpspeicherkraftwerk Koralpe gebaut, das vom Soboth-Stausee gespeist wird. Der ist 2,6 Kilometer lang, bis zu 970 Meter breit und bis zu 80 Meter tief. Vom 15. Juni bis 31. Oktober darf sein Wasserspiegel aus naturschutzrechtlichen Gründen nicht mehr als um einen Meter schwanken. Badegäste finden so auf 1076 Metern Höhe immer ein volles „Schwimmbecken“.

Bis Sankt Oswald ob Eibiswald folgen wir der B 75, dann zweigen wir wieder auf einen verschlungenen Nebenweg ab, der uns über St. Katharine in der Weil und Wernersdorf nach Wies führt. Die kleine Marktgemeinde im Bezirk Deutschlandsberg hat durch den „Schwarzen Sonntag“ traurige Berühmtheit erlangt. Wies war im 19. Jahrhundert ein beliebter Wallfahrtsort. In einer Scheune, zwischen der Bäckerei und der Kirche, übernachteten in der Nacht zum 23. September 1850 rund 200 Pilger. Sie waren dort eingesperrt, damit im nächsten Morgen niemand ohne zu bezahlen verschwinden konnte. Während sie schliefen brach ein Feuer aus. Bis Hilfe kam, starben sechs Menschen den Feuertod, viele weitere wurde verletzt. Insgesamt sollen rund 30 Menschen unmittelbar oder mittelbar durch die Folgen des Brandes ums Leben gekommen sein. Über das schreckliche Ereignis sprach einst die ganze Steiermark. Seither soll ein „schwarzes Manderl“ durch die Räume des Unglücksortes wandeln …

Wir zollen auf den nächsten Kilometern den österreichischen Straßenbau-Ingenieuren allerhöchsten Respekt. Vor allem die Strecke über die Weinebene lässt für kurvenverliebte Motorradfahrer keine Wünsch offen. Da passt einfach alles. Keine Kurve zieht sich zu, jede Kehre ist gut ausgebaut, die Landschaft ein Traum – besser geht es kaum. Wir genießen jeden Kilometer; bis hinauf auf 1668 Meter führt die gleichnamige Pass-Straße, die man sich merken sollte.

Der Name Weinebene leitet sich wohl von „Weinheben“ ab. Bis ins Mittelalter war die Verbindung über den Pass  ein wichtiger Handelsweg, über den Salz aber auch Wein transportiert wurde. Oft durften die Bauern, die Waren nur bis zur jeweiligen Landesgrenze transportieren. Das Verlassen ihrer Grundherrschaft war ihnen verboten. So heißt es in der „Rectifikationsfassung“ der Herrschaft Schwanberg aus dem Jahr 1750, dass an der höchsten Stelle, unweit der „Landesconfinen“ (Landesgrenzen) „… unterschiedlich eigene Heb- und Leg-Stätten errichtet, bis dahin die Steyerischen Fuhrleute, von dort aber die Kärntnerischen die Fuhren versehen haben“. Auch auf der Weineben befand sich eine solche Umladestation zum „Wein-heben“. Irgendwann geriet die alte Bezeichnung in Vergessenheit, daraus wurde im Laufe der Zeit der heute übliche Name Weinebene.

So langsam wird es Zeit für die Mittagsrast. Auch die wollen wir an historischer Stelle einnehmen, dem Gasthof an der Packstraße nahe Twimberg. Doch angeblich sei der Koch ganz plötzlich krank geworden, teilt uns eine sichtlich betrübte Mitarbeiterin mit, kaum dass wir unser Etappenziel erreicht haben.

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Also fahren wir noch ein Stück weiter und finden hoch oben auf dem Wolfsberg ein rustikales Lokal mit sonniger Terrasse. Das erste Glas hausgemachte Zitronenlimonade löscht den größten Durst, drei ordentliche Scheiben Speck mit Brot den Hunger.

Wir genießen die Aussicht, als es plötzlich zu Rumpeln beginnt. Ein Gewitter zieht auf. „Bleibt noch eine halbe Stunde und trinkt einen Kaffee“, meint der Wirt mit Kennerblick. Dann sollte der kurze Schauer durch sein. Recht sollte er behalten.

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Nach der wetterbedingten, länger als geplanten Pause, beschließen wir auf relativ direktem Weg zurück ins Hotel zu fahren. Wobei relativ natürlich relativ ist. Auch bei der Fahrt aufs Geradewohl lassen sich noch viele schöne Nebenwege finden. Nur kein Cafe. Zwei, die auf der Strecke lagen, waren leider geschlossen – ansonsten Fehlanzeige.

In Miklauzhof werden wir schließlich fündig. Allein: von hier aus sind es nur noch gut zehn Kilometer bis zum Hotel. Ich beschließe trotzdem eine Pause zu machen. Es ist gerade einmal halb vier. So früh müssen wir nun wirklich nicht im Berghof Brunner eintreffen.

Ein großer Becher Vanilleeis mit heißen Himbeeren ist genau das Richtige, um der abwechslungsreichen Tour einen würdigen Abschluss zu verleihen. Wir genießen die kühle Erfrischung, die dringend erforderlich war, lassen die vergangenen Tage Revue passieren und fahren nach einer ausgedehnten letzten Pause weiter.

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Eine Stunde später stehen die Suzuki und die G/S wieder im Transporter. Eine tolle Woche geht zu Ende. Die weite Anfahrt nach Bad Eisenkappel hat sich gelohnt. Mehr als 800 Kilometer Strecke sind aus dem Rhein-Main-Gebiet zurück zu legen, doch jeder Kilometer lohnt sich. Rund um den Berghof Brunner finden sich tolle Motorradstrecken, die uns noch lange in Erinnerung bleiben werden.

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Aber auch Andi, der junge Mann, der des abends zum kellnern zu uns kam. Sein altes Zweitakt-Moped klagt über Leistungsverluste. Den steilen Anstieg zum Hotel konnte er immer nur mit Vollgas bewältigen. So wussten wir schon früh, dass er sich vom Tal auf den Weg zu uns gemacht hatte …

Langsam heißt es Abschied nehmen. Die Koffer sind gepackt, die Motorräder verladen. So mancher war mit dem Motorrad auf dem Hänger angereist, um die weite An- und Abreise einigermaßen stressfrei bewältigen zu können. Jetzt steht der „Fuhrpark“ vorm Hotel; die ersten wollen sich schon früh am Morgen auf den Weg nach Hause machen.

Ein herzliches Danke schön an Martina und Markus vom Berghof Brunner. Beide haben sich wirklich fürsorglich um uns gekümmert. Und des morgens verdientermaßen die Ruhe nach unserem Frühstück genossen. In trauter Zweisamkeit standen sie jeden Tag auf der Terrasse, wohl wissend, dass wir am frühen Abend mit viel Hunger und Durst zurückkehren würden. Wir haben uns sehr wohl gefühlt und kommen gerne wieder. Danke 😉

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Der Mangart ist heute unser Ziel

Donnerstag, 25.7.2019 – 4. Tourtag: Noch zwei Tage bleiben uns, um die Karawanken zu entdecken. Heute wollen wir noch einmal nach Slowenien fahren. Die gut 2.000 Meter hoch gelegene „Lahnscharte“ am Magart ist das Ziel. Vor Jahren haben wir uns hier mit unseren Enduros wohl gefühlt, war ein Großteil der abenteuerlichen Piste doch unbefestigt. Seit dem verheerenden Erdrutsch im November 2000 ist das anders. Da wurde die Zufahrt neu trassiert und die gesamte Strecke durchasphaltiert. Abenteuerlich ist die Wegstrecke noch immer. Ohne Randsicherung geht es kurvenreich dem Endpunkt entgegen, unterwegs müssen fünf unbeleuchtete Tunnels passiert werden. Für Menschen mit Höhenangst eine Herausforderung, der ich mich jedesmal aufs Neue stelle.

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Unser erstes Ziel ist die alte Nudelfabrik in Finkenstein, nahe des Faaker Sees. Also fahren wir die gestrige Schlussetappe noch einmal in entgegengesetzter Richtung und erfreuen uns an den neuen Eindrücken.

Die alte Nudelfabrik liegt ein wenig versteckt. Wir parken die Motorräder am alten Kräutergarten und freuen uns auf die schattigen Terrasse, auf der zwei lange Tische für uns reserviert sind. Die kleine Auszeit kommt gerade zur richtigen Zeit, ist es doch schon wieder recht warm geworden. Ein Himbeere-Panacotta wäre jetzt genau das richtige, meint Karin und genießt die leckere Erfrischung.

Nach der Kaffeepause brechen wir zur „Drei-Länder-Tour“ auf. Zunächst geht es über den Wurzenpass rüber nach Slowenien. Der „Korensko sedlo“, wie der Pass auf slowenisch heißt, ist zwar „nur“ 1073 Meter hoch, weist aber stellenweise recht enge Kurven und vor allem Steigungen von bis zu 18 Prozent auf. Ein alterschwaches Wohnmobil zeigt schon im unteren Drittel erhebliche Schwächen …

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Im 17. Jahrhundert wurde Kupfererz aus Siebenbürgen über den Wurzenpass zur Weiterverarbeitung nach Kärnten gebracht. Der Übergang gewann zunehmend an Bedeutung; bis zur Eröffnung des mautpflichtigen Karawankentunnels im Jahr 1991 galt er als einer der wichtigsten Grenzübergänge ins ehemalige Jugoslawien. Ein ausgemusteter Panzer erinnert nahe der Grenze an die lange Zeit geheimen Bunkeranlage, die hier im Kalten Krieg errichtet wurden. Auf dem Gelände der ehemaligen „Sperrkompanie WURZEN/73“ wird die Geschichte dokumentiert.

Wir biegen am Ende der Pass-Straße rechts ab auf die 202 und fahren ein Stück durch Slowenien, Richtung Italien. Kurz hinter der italienische Grenze fahren wir durch „Fusine in Valromana“. Der Name ist ein Kuriosum. Im deutschen heißt die Ortschaft Weißenfels – das leitet sich von der über dem Weißenbach (heute Rio Bianco) auf einem Felssporn gelegenen Burg Weißenfels ab, die heute eine Ruine ist. Im Jahr 1900 lebten 714 Einwohner in der Gemeinde, davon sprachen 618 deutsch und 55 slowenisch. Nach dem ersten Weltkrieg gehörte Weißenfels kurz zu Kärnten, fiel 1919 aber, durch den Vertrag von St. Germain, an Italien. Der Ortsname wurde zunächst in Roccalba geändert. Dann wurde daraus Fusine in Valromana.

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Richtig müsste es Fuzine heißen, deutet doch die aus dem Furlanischen stammende Bezeichnung auf die seit dem 15. Jahrhundert nachgewiesene Eisenverarbeitung hin. Das Anhängsel „in Valromana“ ist hingegen topografisch nicht korrekt, befindet sich das Römertal doch gut zwei Gehstunden von Weißenfels entfernt.

Wir bleiben auf der SS 54, passieren Tarvisio und sprinten am Fuße des Lago de Predil den gleichnamigen Pass hinauf. Schmal und kurvenreich windet sich das Sträßchen auf 1156 Meter und führt dabei durch einen unbeleuchteten Kehrentunnel, der immer wieder aufs Neue ganz überraschend auftaucht. Am höchsten Punkt ist die Grenze zwischen Italien und Slowenien erreicht. Die alten Kontrollstellen sind seit langem verwaist.

Der Ursprung dieser fahrerisch interessanten Verbindung reicht bis in das Jahr 1319 zurück. Da baten die Bürger der Stadt Cividale den Bamberger Bischof um Erlaubnis, auf eigene Kosten einen befahrbaren Weg über den Berg bauen zu dürfen. Schon sieben Jahre später soll dieser fertiggestellt gewesen sein; für die Benutzung wurde fortan eine Maut erhoben, um die Kosten wieder hereinzubekommen. Bis zum Jahr 1490 erfolgte der Bau einiger Brücken, dennnoch war „die Straße“ wohl nur mit Karren zu befahren. Das besserte sich, als 1536 weitere Baumaßnahmen in Angriff genommen wurden.

Im 16., Jahrhundert geriet Cividale unter venezianische Herrschaft; durch Sanktionen Venedigs nahm der Verkehr am Predil deutlich ab. In den Jahren 1678 bis 1684 erfolgte ein weiterer Ausbau, der mit einer Neutrassierung verbunden war, obwohl Österreich für seine Waren zwischenzeitlich andere Handelswege gefunden hatte. Der Name Predil ist übrigens slawischen Ursprungs: das Wort predel bedeutet siviel wie Pass, Grenze oder Scheide. Der Zusatz „Pass“ ist insofern entbehrlich.

Auf der slowenischen Seite passieren wir ein „Löwendenkmal“, das an die Koalitionskriege erinnert. Truppen des österreichischen Ingenieurkorps kämpfte am Predil einst gegen die Truppen Napoleons. Wie so oft nehme ich mir vor, auf der Fahrt zum Mangart einmal soviel Zeit zu haben, um die Mahnmale kriegerischer Auseinandersetzungen ausgiebig besichtigen zu können. Dazu gehören auch die alten Stellungen der Isonzofront, dem mörderischen Stellungskrieg der in den umliegenden Bergen in den Jahren 1914 bis 1918 tobte.

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Auch die mittlerweile mautpflichtige Mangartstraße ist militärischen Ursprungs, sie wurde zwischen den beiden Weltkriegen gebaut und führt auf einer Länge von 12 Kilometern über 17 enge Kehren hinauf bis auf 2055 Meter. Damit gilt sie als die höchste Straße in Slowenien. Fünf Euro kostet der Spaß, den man sich unbedingt gönnen sollte, auch wenn die Trasse über weite Strecken kaum autobreit ausgebaut ist.

Noch immer – oder schon wieder – steht gut zwei Kilometer vor dem Gipfelplateau ein kreisrundes Schild mit rotem Rand, das nicht die Durchfahrt verbietet, sondern zu besonderer Sorgfalt mahnt. Von einer der Felswände  stürzt immer wieder Gestein auf die Straße, das nicht gleich weggeräumt wird. Vorsichtig und auf eigene Gefahr kann diese Passage passiert werden. Wer an dem Schild stoppt, verpasst den eigentlichen Höhepunkt dieses Abstechers.

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Wir fahren weiter und stellen unsere Maschinen auf einem kleinen Wiese ab, die wir zum Naturparkplatz umfunktionieren. Auf der anderen Straßenseite geht es ein wenig bergan und dann reicht der Blick weit, vor allem aber tief nach Italien. Ohne Randsicherung wagen sich die ganz Mutige (oder Leichtsinnige) bis dicht an die Abbruchkante und „genießen“ eine atemberaubende Aussicht. Die Grenze zwischen Italien und Slowenien ist hier oben fließen und wir von kleinen Steinen im Boden markiert.

Wer mag (und dazu in der Lage ist), kann in einer mehrstündigen Wanderung den Mangart besteigern. Der italienische Klettersteig führt dabei anspruchsvoll über ausgesetzte Felsen; eine komplette Klettersteigausrüstung einschließlich Steinschlaghelm ist zwingend erforderlich, die slowenische Variante ist etwas einfacher, endet aber auch auf dem 2679 Meter hohen Gipfel, der sich allerdings oft in Wolken hüllt. Als Basislager für den Gipfelsturm bietet sich die Mangarthütte des Slowenischen Alpenvereins an, die unterhalb des Parkplatzes liegt und tagsüber eher als Jausenstation dient.

Weil unsere Gruppe mit fast 30 Personen dafür viel zu groß ist, wollen wir die längst überfällige Mittagspause in Log pod Mangartom einlegen. Da ist mir, von einer Endurotour mit Christian aus dem Hotel Solaria in Obertauern, ein nettes Lokal direkt an der Kirche in guter Erinnerung. Das wird heute hoffentlich geöffnet haben. Wir werfen von der Lahnscharte aus noch einen letzten Blick auf den „Lago di Fusine“, den Weißenfelser See; der nahe der SS54 liegt. Vor etwas mehr als einer Stunde haben wir dort – auf dem Weg zum Mangart – die Grenze von Slowenien nach Italien passiert. Ein Fotostopp wird nachgeholt.

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Wir „stürzen“ uns wieder ins Tal. Vor uns saust, in oft halsbrecherischer Fahrt, so mancher Rennradfahrer bergab. Die Jungs sind so schnell, dass das Überholen auf der engen Straße oft schwer fällt, ohne die furchtlosen „Pedalleure „zu gefähren, zumal diese in den Kehren oft mehr oder weniger rungebremst ums Eck schießen und von dann vor ihnen fahrenden, motorisierten Bikern oft ausgebremst werden.

Es ist deutlich nach halb zwei, als wir die Gaststätte in Log Pod Mangartom erreichen. Es wird reichlich Mineralwasser geordert und so manche riesengroße Pizza. Wir sitzen im schattigen Wintergarten oder unter Sonnenschirmen auf der Terrasse und lassen es uns wieder einmal gut gehen.

So langsam wird es Zeit, den Rückweg anzutreten. Gut die Hälfte der Strecke haben wir (erst) absolviert; jetzt müssen wir uns ein wenig ranhalten, wollen wir noch rechtzeitig vor dem Essen zurück im Hotel sein. Wir folgen dem Lauf der Straße 203 Richtung Bovec und fahren dabei durch eine anmutige Landschaft. Zahlreiche Ortsdurchfahrten bremsen unser Tempo ein wenig; der Autoverkehr ist heute glücklicherweise von erträglichem Umfang. Dann zweigen wir ab ins Soca-Tal. Bis zum legendären Vrsic folgt die Straße nur kurvenreich dem mäandernden Fluss, in dem auffallend wenig Wasser fließt. Irgendwie beängstigend.

Um die mit 1611 Metern Höhe höchste Passstraße Sloweniens passieren zu können, müssen insgesamt 50 Haarnadelkurven bewältigt werden. 26 davon befinden sich auf der Südseite, 24 auf der Nordseite, einige kopfsteingepflastert.

Die Straße über den Pass wurde in den Jahren 1915 und 1916 von russischen Kriegsgefangenen gebaut. Rund 400 Bauarbeiter kamen bei einem Lawinenabgang im März 1916 ums Leben; die meisten waren Russen. Ihnen zu Ehren wurde auf der Nordseite eine russische Kapelle errichtet, die besichtigt werden kann. Nahe der Kehre Nr. 8 gibt es einen kleinen Parkplatz. Insgesamt sollen beim Bau der Straße mehr als 7.000 Menschen zu Tode gekommen sein. Über den Vrsic wurde ein Großteil des Nachschubs für die große Offensive von Österreich-Ungarn und Deutschland in der Zwölften Isonzoschlacht transportiert. Die so genannte „Schlacht von Karfreit“ (so wurde einst das heutige Kobarid bezeichnet) war die letzte in diesem mörderischen Stellungskrieg; der „Erfolg“ beruhte am Ende auf dem Einsatz von Giftgas.

An all diese Gräul erinnert heute nur wenig. Wir sind der Passhöhe nah, rollen aber an den vielen parkenden Autos sowie einer Schafherde vorbei und legen den obligatorischen Stopp heute aber erst nahe jenes Berges ein, dessen charakteristisches Merkmal ein großes Loch hoch oben im Fels ist. Das „Fenster“ oder auch Auge des Prisank“ wird der Durchbruch unterhalb des Gipfels genannt, der 80 Meter hoch und 40 Meter breit ist. Wagemutige können ihn über einen Klettersteig erreichen. Lange Zeit hatte ich geglaubt, der Prisank oder Prisojnik sei eine Sagengestalt der slowenischen Mythologie. Tatsächlich ist es der Name des Berges, der seinen Gipfel 2547 Meter hoch in den Himmel reckt. Die Julischen Alpen faszinieren immer wieder aufs Neue.

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Wir müssen ein wenig Gas geben. Es ist schon kurz vor 16 Uhr, gut 120 Kilometer sind es noch bis zum Ziel, wenn wir noch eine Kaffeepause einlegen wollen, wird es wohl 19 Uhr werden, bis wir wieder im Hotel sind. Ich persönlich habe ja nichts gegen späte Ankunftszeiten. Je weiter die Zeit voran schreitet, umso leerer werden die Straßen. Aber hinter mir drängelt ein „Trupp hungriger Mäuler“ und so verzichten wir auf den kleinen Umweg über die 907, die durch eine malerische Landschaft führt. Viele Jahre ohne festen Belag, soll diese zwischenzeitlich durchasphaltiert sein. Davon hätte ich mich gern überzeugt – das nächste Mal …

Kaum haben wir Jesenice erreicht, zweigen wir wieder auf eine schmale Nebenstrecke ab. Es wird Zeit nach einer Möglichkeit zur Einkehr zu suchen. Die finden wir Srednja Vas. Eine kleine Gaststätte mit Terrasse lädt zu einem kurzen Stopp ein. Es gibt Kaffee und Kuchen. Während sie die Bestellungen aufnimmt, schwärmt die Besitzerin von den vielen Ausflugsmöglichkeiten in der näheren Umgebung und vergisst dabei nicht, immer wieder darauf hinzuweisen, dass sie auch Zimmer vermietet.

Bei Trzie treffen wir wieder auf die 101, die uns zum Loibl-Pass führt. Schnell ist der Tunnel unterhalb des Gipfles erreicht, an dessen Ende uns eine kleine Überraschung erwartet. Wir werden tatsächlich kontrolliert und müssen unsere Pässe vorzeigen.

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Als wir uns schließlich auf die B 85 werfen, ziehen dunkle Wolken auf. Schaffen wir es trocken bis ins Hotel? Knapp 30 Kilometer sind es noch bis zum Ziel, als die ersten Tropfen fallen. Regenkombis an oder weiterfahren? In gut einer halben Stunde säßen wir im Trockenen. Ich entscheide mich, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Wahl zu lassen. Viele sind in der Sommerkombi unterwegs, die äußerst luftdurchlässig ist und keinerlei Schutz bietet.

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Es ist wie immer. Kaum haben wir die Kombis an, ist die Straße wieder trocken. Als wir kurz nach sieben vor dem Berghof Brunner ausrollen, haben wir rund 310 Kilometer auf der Uhr. Ein toller Tag geht erlebnisreich zu Ende.

Zum Abendessen gibt es Wiener Schnitzel mit Petersilienkartoffeln „an“ Preiselbeeren. Das passt doch, oder?

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Und während wir gemütlich in der Gaststube des Berghof Brunner zusammensitzen, zieht draußen ein wenig Nebel auf. Perfektes timing …

 

Zwölf-Seen-Tour

Mittwoch, 24.7.2019 – 3. Tourtag: Wieder so ein herrlicher Start in den neuen Tag. Ich könnte mich daran gewöhnen: mit einer Tasse Kaffee in der Hand zuzusehen, wie in den Bergen so langsam die Sonne aufgeht …

Kaum haben wir gefrühstückt, wartet wieder ein tolles Programm auf uns! Heute starten wir zur Seentour. Bis zur Kaffeepause stehen der Turnersee, der Gösselsdorfer See, der Sonnegger See, der Klopeinersee und der Linsendorfer See auf dem Programm. Weiter geht es über den Keutschacher See, den Wörthersee, zum Ossiacher See, wo wir die Mittagspause einlegen wollen. Bevor wir am Nachmittag dann hoch über dem Faaker See noch ein leckeres Eis essen werden, geht’s vorbei am Afritzer See, dem Feldsee und dem Millstätter See.

Zugegeben, von den meistern Gewässern werden wir nur wenig zu sehen bekommen, dazu müssten wir jeweils einen Abstecher ans Ufer unternehmen, wozu uns bei einer Strecke von rund 300 Kilometern die Zeit (und auch die Lust) fehlt. Dafür bieten die Verbindungsetappen Motorradfahrspaß pur – und darauf kommt es uns an.

Häufig sind wir auf schmalem Straßen unterwegs, zweigen immer wieder mal auf einen asphaltierten Wirtschaftsweg ab, der hier legal befahren werden darf und bekommen auf dem Weg zum Ossiacher See sogar ein Stück Schotter unter die Reifen. „Störend“ sind allein die vielen Ortsdurchfahrten und häufigen Geschwindigkeitsbegrenzungen. Trotzdem wartet ein toller Tag auf uns.

Die erste Kaffeepause legen wir im Landgasthaus Felfernig ein. Wir sitzen im Gastgarten bei heißem Kaffee oder kühlen Getränken und lassen es uns gut geht. Als Franz zum „zweiten Frühstück“ ein Cremeschnittchen bestellt, findet auch Stefan, dass es an der Zeit ist, dem Körper noch ein paar Kalorien zuzuführen.

Eigentlich wollten wir auf der Weiterfahrt ja dicht an Klagenfurt vorbeischrammen, doch auf der Zufahrt durch Ebenthal in Kärten lähmt eine Großbaustelle den Verkehrsfluss. Bevor wir unsere Zeit im Stau vertrödeln werfen wir einen Blick auf die Landkarte und finden eine Alternative, die im weiten Bogen über Sankt Ulrich und Maria Rain wieder zur B 100 und damit zum Keutschacher See führt.

Bald darauf erreichen wir den Wörther See. Während wir nur kurz zum Fotostopp halten, gönnt Dieter seiner Gruppe einen außerplanmäßigen Kaffeestopp am Seeufer – sicher keine schlechte Idee.

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Kaum haben wir Velden hinter uns gelassen, gehört die nunmehr schmale Straße wieder uns ganz allein. Es geht bergan, fast knacken wir die 1.000 Meter-Marke. Über St. Nikolai erreichen wir schließlich das südöstliche Ende des Ossiacher Sees und folgen der B 150 bis Heiligenstadt. Im Landgasthof Berghof haben wir reserviert und genießen eine ausgedehnte Mittagsrast. Endlich raus aus den Klamotten; auch heute ist es wieder unerträglich warm, so dass wir die Zeit auf der schattigen Terrasse dringend zu Erholung brauchen. Das leckere Essen trägt sein übriges dazu bei, neue Kräfte für die Schlussetappe zu schöpfen.

In einem weiten Bogen fahren wir anschließend am Afritzer See und dem Feldsee vorbei und erreichen so den äußersten Zipfel des Milstädter Sees. Wenig später genießen wir von einer kleinen Nebenstraße ais einen prachtvollen Blick auf den zweitgrößten, mit 141 Meter tiefsten und mit 1.204,5 Millionen wasserreichsten See in Kärnten.

Wir halten uns Richtung Mitterberg und folgen ab Fresach dem Lauf der Drau. Bald darauf ist Villach erreicht. Die Bundesstraße 86 schlängelt sich an den westlichen Außenbezirken der „ersten Alpenstadt des Jahres 1997“ vorbei, so dass wir recht zügig Finkenstein erreichen. Ursprünglich hatten wir überlegt, unsere nachmittägliche Pause am Ufer des Faaker Sees einzulegen, hatten aber kein passendes Lokal gefunden. Heute sind wir froh, statt dessen hoch hinauf zum „Baumgartnerhof“ fahren zu können, ist es dort doch in gut 840 Metern Höhe deutlich angenehmer – und die Aussicht auf den Faaker See sowie die Burgruine Finkenstein sensationell.

Kurz vor 18 Uhr sind wir zurück im Hotel, prognostiziert zumindest das Navi. Kurvenreich geht es zurück Richtung Faaker See und auf der B 85 – über Marie Elend und Kappel an der Drau nach Ferlach. Fast wären wir dort nach Zell-Pfarre abgebogen – als wir die Routen aufs Navi überspielt haben, wussten wir noch nichts von der Baustelle – merken den „Fehler“ aber noch rechtzeitig. Und so bleiben wir auf der B 85 bis Miklauzhof.

In Bad Eisenkappel wird noch einmal vollgetankt, dann geht es die schmale Stichstraße rauf zum Berghof Brunner. Martina wartet schon mit dem allabendlichen Feierabendbier auf uns. Ein toller Service.

Nach dem leckeren Abendessen zieht es uns an den hauseigenen Schwimmteich. Bis spät in die Nacht sitzen wir beim Lagerfeuer zusammen. Schade, dass keiner eine Gitarre dabei hatte …

Zum Abschluss in die Trögener Klamm

Dienstag, 23.7.2019 – 2. Tourtag: Auch heute morgen sitze ich um kurz nach sieben auf meinem Balkon und genieße den ersten Kaffee – zwar „nur“ im Plastikbecher, dafür aber mit prachtvoller Aussicht. An einen solchen Start in den neuen Tag könnte ich mich bei meinen Touren irgendwie gewöhnen, auch wenn ich eigentlich kein Frühaufsteher bin.

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Nachdem Stefan gestern noch zu uns gestoßen ist, geht es heute in drei Gruppen ins Drautal. Wir wollen die Strecke fahren, die ich am Sonntag schon mal weitestgehend erkundet habe. Über den malerischen Hemmaberg geht es Richtung Bleiburg, um wenig später einen Fotostopp an der Hängebrücke von Santa Lucia einzulegen.

Vorbei an dem etwas heruntergekommenen Schloß Leifling, das wahrscheinlich im 15. Jahrhundert errichtet wurde, erreichen wir den ehemaligen Grenzübergang und damit Slowenien. Von nun an tragen die Ortsschilder eine gelbe Farbe. Auf schmaler Trasse geht es kilometerlang durch einen Wald; vereinzelt begegnen uns Radfahrer und Wanderer.

Die mächtige Drau überqueren wir nahe Trbonje und zeigen uns beeindruckt vom weiten Blick auf den behäbig dahinfließenden Fluß. Ein paar Lastwagen „stören“ unseren Vorwärtsdrang, sind aber auf der gut ausgebauten B1 schnell überholt.

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Unterhalb des Radlpasses legen wir in der „Gostilna Zogar“ unsere erste Kaffeepause ein. Die Besitzerin spricht gut deutsch, die junge Tochter weigert sich hingegen unsere Sprache zu lernen. „Generationskonflikte“, wie wir sie nicht kennen.

Wir genießen den kurzen Stopp auf der rustikalen Terrasse, um bald darauf die Passhöhe zu erreichen. Dort verläuft die Grenze zwischen Slowenien und Österreich. Der slowenischen Untersteiermark und dem österreichischen Bundesland Steiermmark. Auf 679 Metern Höhe liegt der Scheitel.

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Über Eibiswald, Wernersdorf, Sankt Oswald ob Eibiswald, Sankt Lorenzen und Krumbach fahren wir den größtmöglichen Umweg in Form einer Acht, laden die herrlichen Straßen doch keinesfalls dazu ein, das jeweilige Ziel auf direktem Weg zu erreichen. In Soboth schließlich stellen wir unsere Motorräder vor dem „Alpengasthof Messer“ ab, wollen wir hier doch die Mittagsrast einlegen.

Die Küche bietet eine große Auswahl: Geschnetzeltes mit Pilzen und Knödeln, Salat mit frittierter Hühnerbrust, Forelle oder leckere Backhändel sind die Renner. Dazu noch ein Stück Joghurt-Torte zum Nachtisch – Mensch, was geht es uns gut.

Über die Soboth-Passstraße stürzen wir uns den Magdalensberg hinab, fahren vorbei am imposanten Schloss Griffen und erreichen, über den Johannserberg fahrend, schließlich Brückl. Im „Cafe Schattleitner“ lässt es sich bei riesigen Eisbechern aushalten; die Temperaturen erreichen am Nachmittag wieder einmal Spitzenwerte.

Gut 60 Kilometer liegen noch vor uns. Die Route führt vorbei an Klagenfurt und Sankt Margarethen im Rosental. Kaum haben wir den Freibacher Stausee erreicht, zweigen wir ab auf den Schaidasattel und fahren Richtung Ebriach. Am Abzweig zur Trögener Klamm halte ich kurz an. Da es noch nicht so spät ist, würde sich ein Abstecher in die wildromantische Schlucht anbieten.

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Gut drei Kilometer lang stehen die bizarren Kalksteinfelsen dicht aneinander. Mächtig tief hat sich der Trögernbach (auf slowenisch Korski potok oder Korska voda) ins Gestein gebraben. Die Straße, die in die Sackgasse hineinführt, wurde in den Jahren 1923 bis 1925 gebaut und ist vollständig asphaltiert. Am Ende des Tals findet sich der kleine Weiler Trögern – der der Klamm den Namen gab – mit einer idyliischen Bergkirche und einem kleinen Friedhof.

Die Fahrt lohnt bis zum Gasthof Franzl, der nach gut drei Kilometern rechter Hand auftaucht. Auf dem Weg dorthin ist man quasi auf dem Meeresgrund unterwegs. Denn die Trögener Klamm besteht zum überwiegenden Teil aus Schlerndolomit. Dieser entstand vor rund 250 Millionen Jahren aus dem, was von kalkhaltiger Organismen übrig blieb, die sich im ruhigen Wasser einer Lagune abgelagert hatten. Klar, dass wir da noch ein Gruppenfoto machen müssen.

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Bis zum Hotel ist es nun nicht mehr weit. Parallel zur Straße nach Bad Eisenkappel führt oberhalb am Berg ein schmaler Weg, von dem aus es zur Eisenkappeler Hütte geht, die auf einem Aussichtsberg steht. Der Stich hinauf auf 1553 Meter ist mautpflichtig, die Zufahrt bis zur Schranke aber sollte problemlos möglich sein. Um das auszuprobieren zweigen wir auf den Nebenweg ab und werden bestätigt. Der Weg bis zur Mautstelle und weiter zur Hauptstraße ist durchgängig befahrbar. Kurz überlegen wir, ob wir in den Münzautomat einmal die Maut einwerfen und dann mit allen Motorräder gleichzeitig unter der sich öffnenden Schranke hindurchfahren sollen … nein, das machen wir natürlich nicht, zumal so langsam das Feierabendbier ruft.

Noch einmal artig tanken und schon serviert uns Martina wieder eine herrlich kühle „Hopfenkaltschale“. Charly fühlt sich bemüßigt – nachdem wir nur lange genug gelästert hatten – seiner GS doch ein Schlückchen frisches Öl zu gönnen und repariert im Anschluss eigenständig auch noch das defekte Rücklicht. Was für ein Tag!

Ein Sahneschnittchen, bitte

Montag, 22.7.2019 – 1. Tourtag: Es ist kurz nach sieben, ich sitze auf meinem Balkon, trinke einen Kaffee aus dem Kapsel-Automat, der bei mir im Zimmer steht (ist verwerflich, ich weiß, aber soooo schön …) und genieße die Aussicht. Es ist absolut ruhig, hier oben am Berghof Brunner. Nur ein paar Vögel zwitschern …

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Nach einem hervorragenden Frühstück machen wir uns in zwei Gruppen auf den Weg. Stefan wird erst heute Abend zu uns treffen; er holt gerade seine defekte BMW mit dem Hänger ab und fährt gleich weiter nach Bad Eisenkappel. Danke für dieses Engagement!

Vor dem Hotel ein munteres Treiben. Motorräder werden hin und her rangiert. Charly lässt sich – wie an jedem Tag, ein paar Zielkoordinaten geben, die er dann ins Navi eingibt. Jeder ist irgendwie beschäftigt. Heute wollen wir über den Loiblpass nach Slowenien fahren, um am Bleder See die berühmten Cremeschnittchen zu probieren.

Vom Hotel aus geht es über den Schaidasattel nach Zell und eigentlich weiter zum unscheinbaren Uznik-Sattel. Große Schilder weisen am Abzweig darauf hin, dass die Strecke noch bis Mitte August gesperrt sei. Eine Umleitung wird empfohlen. Doch Umleitungen sind doof, die fahren alle, meistens gibt es doch ein Schlupfloch – also los.

Diesmal ist die Rechnung nicht aufgegangen. Kurz hinter Zell-Pfarre ist Schluß. Eine Brücke wird neu gebaut – kein Durchkommen. Wir müssen zurück. Damit gerät unser Zeitplan ordentlich ins Wanken.

Ein zweites Mal geht es – nun entgegengesetzt – durch Zell-Pfarre. Der kleine Ort kann auf eine bewegte Geschichte verweisen. In den Jahren 1732 bis 1733 errichteten die Zeller auf dem Grund der Herrschaft Hollenburg ein Pfarrhaus, dessen Bau sie selber finanzierten. Daher rührt wohl der eigentümliche Name. 1848 konnte erstmals ein Bürgermeister gewählt werden, 1895 wurde die Volksschule eröffnet, in der zweisprachig – auf Slowenisch und auf Deutsch – unterrichtet wurde. 1908 kam der Landbriefträgerdienst nach Zell; an geeigneten Stellen wurde daraufhin Briefkästen aufgestellt.

Bei der Kärtner Volksabstimmung 1920 sprachen sich 97 Prozent der Einwohner für den Anschluss an das benachbarte Jugoslawien aus. Nach dem „Anschluss Österreichs“ im März 1938 setzten sich gut  20 sogenannte Zeller Deserteure über die Grenze ab, um nicht in der deutschen Wehrmacht dienen zu müssen. Nach dem deutschen Einmarsch in Jugoslawien im April 1941 zurück sie aber nach Zell-Pfarre und leisteten als „Kärtner Slowenen“ Widerstand. Sie versteckten sich in Ställen, Scheunen und Bunkern, wurden aber entdeckt und „wegen Vorbereitung zum Hochverrat“ angeklagt. Zum Prozess vor dem „Volkgerichtshof“ am Landgericht Klagenfurt reiste der berüchtigte NS-Strafrichter Roland Freisler an; die Gefangenen wurden zum Tode verurteilt, „für immer ehrlos erklärt“ und am 29. April 1943 in Wien hingerichtet. All das mag man kaum glauben, wenn man heute in dieser Gegend beschaulich Motorrad fährt.

Vorbei am Freibacher Stausee fahren wir nach Ferlach und erreichen bald darauf den Kleinen Loiblsattel – ein herrliches Stück Straße mit mehreren engen Serpentinen. Die Straße führt – vorbei an der Tscheppaschlucht – zum Gasthaus „Zum deutschen Peter“. Kaiser Karl VI soll hier am 25. August 1728 Halt gemacht haben, um sich nach den Lebensgewohnheiten der hier lebenden Menschen zu erkundigen. Die sprachen allerdings nur slowenisch, eine Sprache, die der Kaiser nicht verstand. Peter Tschauko, der Wirt der Gaststätte, half als Dolmetscher aus. Von der Unterhaltung soll der Kaiser so angetan gewesen sein, dass der den Wirt als „Deutscher Peter“ ansprach – ein Name, der sich auf die Gaststätte übertrug und beibehalten wurde, zumal in jeder nachfolgenden Generation der erstgeborene Sohn immer auf den Namen Peter getauft wurde.

Kurz darauf stehen wir vor dem Tunnelportail des Loibl. Über den Pass selbst führt ein unbefestigter Weg, der zwischenzeitlich nur noch Fußgängern und Radfahrern vorbehalten ist; irgendwie schade.

Der Loibl gilt als einer der ältesten Alpenpässe Europas. Schon die alten Römer nutzen ihn. Der alte Saumpfad wurde ab dem Jahr 1560 erheblich erweitert. 20.000 Gulden kostete die Baumaßnahme, die – aufgrund der schwierigen Bedingungen – 20 Jahre dauern sollte. Dafür konnte die Straße anschließend mit sechsspännigen Wagen befahren werden. In dieser Zeit, genau gesagt im Jahr 1575, wird unterhalb des Gipfels auch ein erster, gut 100 Meter langer Tunnel gegraben, der aber wegen Einsturzgefahr nicht allzu lange genutzt werden konnte – aber einer der ersten Bergtunnel in Europa war.

Die jetzige Straße zum Loibl wurde im Zweiten Weltkrieg von Zwangsarbeitern erbaut, die auch den Tunnel gegraben haben, durch den der Verkehr heute rollt. Begonnen wurde mit dem Bau der Röhre im März 1943. 1.652 Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge arbeiteten daran unter unmenschlichen Bedingungen. Der größte Teil der Häftlinge, etwa 800, waren Franzosen, gefolgt von Polen (450), Russen (188) und Jugoslawen (144). Die rund 70 inhaftierten Deutschen und Österreicher waren meist Berufsverbrecher und besetzten im Lager als Kapos oder Stubenälteste die leichteren Funktionen. Etwa 40 Menschen starben an den Folgen der harten Arbeit – oder durch Steinschlag. Insgesamt ist die Zahl der Opfer, die zu beklagen war, jedoch wesentlich höher. Da nach den Arbeitsverträgen nur eine Quote von maximal 7,5 Prozent an Verletzten oder Erkrankten „erlaubt“ war, wurden diese zurück in KZ Mauthausen geschickt, was für viele den sicheren Tod bedeutete. Zwangsarbeiter, die nicht mehr transportfähig waren, wurden zumeist noch im Lager durch eine Benzininjektion getötet.

Interniert waren die Zwangsarbeiter in zwei Außenstellen des KZ-Mauthausen. Das Nordlager befand sich unmittelbar hinter der Grenze, das Loiblpass-Südlager nahe Sankt Anna (Sveta Ana pod Ljubeljim). Hier gibt es heute eine Gedenkstätte. Auf der Kärntner Seite erinnern hingegen seit 1995 zwei Informationstafeln am Zollamtsplatz und drei Gedenktafeln beim Tunnelportal an das Leid der KZ-Häftlinge.

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Die Grenze zwischen Österreich und Slowenien verläuft mitten durch den Tunnel. Die Fahrt über den Pass wäre sicher reizvoller, ist aber seit langen verboten. Wir sind jetzt im Oberrain, das der Musiker Slavko Avsenik mit seiner Kapelle – den Original Oberkrainer – einst berühmt gemacht hat. Lang, lang ist das her …

Bei Trzie setzen wir den Blinker rechts und fahren über die 638, eine herrliche Nebenstrecke, nach Bled. Der kleine Ort entstand der Sage nach, als die Menschen einst vor einem Drachen Reißaus nahmen, der auf dem Kosuta-Kamm der Karawanken lebte und dort die Felsen verwüstete. Auf ihrer Flucht fanden sie erst hier im Tal Schutz und Zuflucht. Heute lädt die Drachenschlucht Dovzan zu einem Besuch.

Unser eigentliches Ziel aber ist Bled –  bei Lesce stecken wir erst einmal im Stau fest. Nach den ersten gut 100 Kilometern in relativer Abgeschiedenheit und Ruhe ein regelrechter Schock. Dass rund um den Luftkurort immer viel los ist, war uns aus früheren Besuchen noch gut in Erinnerung. Stopp-and-go über mehrere Kilometer haben wir bislang aber noch nicht erlebt. Und das auch noch bei hochsommerlichen Temperaturen.

Wir wollen zur kleinen „Penzion Zaka“, die direkt am Bleeder See liegt. Eigentlich hatten wir im „Cafe Kavarna Park“ Rast machen wollen. Dort soll der ehemalige Leiter der Konditorei des „Hotel Park“, Istvan Lukacevis, die „Original Bleder Cremeschnitte“ erfunden haben. Immer wieder habe er verschiedene Rezepte und Kombinationen ausprobiert, bis er mit dem Ergebnis zufrieden gewesen sei. 15 Millionen Stück sollen davon in den vergangenen 66 Jahren verkauft worden sein – gebacken auf goldbraunem Blätterteigboden, versehen mit einer Füllung aus köstlicher Vanillecreme und Schlagsahne, die erst dann perfekt in ihrer Konsistenz ist, wenn die Schnitte so fluffig ist, dass sie beim Zerschneiden gerade noch nicht zerfällt. Obenauf noch etwas Puderzucker und fertig ist das Meisterwerk.

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Doch die gleich mehrfach gestellte Anfrage, ob wir mit unserer Motorradgruppe willkommen sein, bleibt unbeantwortet. Also haben wir nach einer Alternative gesucht und diese in der „Penzion Zaka“ gefunden. Es ist schon fast zwölf Uhr, als wir – dank Umleitung und Stau – dort eintreffen; gut eineinhalb Stunden später, als geplant. Cremeschnitte und Kaffee schmecken aber zu jeder Uhrzeit und so lassen wir es uns erst einmal gut gehen und genießen den Blick auf die malerische Burg auf einem Felsen inmitten des Sees. Hier ist von Hektik nichts zu spüren. Die kleine Pension vermietet übrigens auch Zimmer. Das müssen wir uns merken.

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Bis zum Bohinjer See ist es nicht mehr allzu weit. Wir wählen den „Umweg“ über die schmale 905 und fahren erst einmal nach Gorje. Auf schmaler Trasse geht es häufig durch dichten Wald; sehr angenehm, bei den augenblicklichen Temperaturen. Auf unserer Route scheint es wieder eine Baustelle zu geben. Zumindest deuten entsprechende Hinweisschilder darauf hin. Diesmal wird der Straßenbelag erneuert. Unsere Motorräder passen gerade so zwischen Hauswand und Absperrung, so dass wir – unter den wohlwollenden Blicken der Bauarbeiter, passieren können. Glück gehabt.

Der Bohinjer See (Bohinjsko jezero oder Wocheinersee) liegt majestätisch schön 526 Meter über dem Meeresspiegel, umrahmt von den gewaltigen Gipfeln der Julischen Alpen. Früher glaubten die Menschen, dass die Welt hier aufhört. Der See selbst ist 4.100 Meter lang, bis zu 1.200 Meter breit und reicht an der tiefsten Stelle bis zu 45 Meter unter die Wasseroberfläche; bei Starkregen erhöht sich der Wasserspiegel um bis zu drei Meter.

Gleich hinter der berühmten Steinbrücke zweigt rechts die Stichstraße 904 zum „Slap Savica“ ab, dem wohl berühmtesten Wasserfall Sloweniens. Inmitten des Triglav-Nationalparks gelegen, stürzt das Wasser aus zwei Armen direkt aus einer Felswand 78 Meter beziehungsweise 25 Meter tief in ein  Becken in dem das kristallklare Wasser smaragdfarben erscheint. Ein beeindruckendes Schauspiel. Um dorthin zu gelangen muss man allerdings 550 Treppenstufen erklimmen (und für diese gut eine halbe Stunde währende Strapaze auch noch eine kleine Gebühr bezahlen).

Linker Hand taucht die „Gostice Pod Skalco“ auf. In dem kleinen Gasthaus haben wir uns zum Mittagessen angekündigt. Es ist schon nach halb zwei und so beschließe ich, erst einmal nicht zum Wasserfall zu fahren sondern die Gelegenheit für eine kleine Rast zu nutzen. Schnell ist ein Parkplatz für die Motorräder gefunden; an zwei langen Holztischen sind noch Plätze für uns frei, so dass wir einen Blick in die Speisekarte werfen können. Die Wahl fällt auf Cevapcici, gegrilltes Hackfleisch mit verschiedenen Saucen.

Während das Essen zubereitet wird, bummele ich ein wenig am Seeufer entlang und treffe auf den berühmten „Zlatorog“, das Goldhorn, das als Statue auf einem Stein steht. Die legendäre Kreatur ist eine Ikone des Triglav-Nationalparks. Das Sage nach soll der weiße Gamsbock mit den goldenen Hörnern hoch oben am Triglav einen Garten besessen haben und war Hüter eines verborgenen Schatzes. Ein habgieriger Jäger wollte sich dessen bemächtigen und erschoss den Gamsbock. Aus dessen Blut erwuchs eine Wunderblume, die Zlatorog wieder zum Leben erweckte. In rasender Wut tötete dieser den Jäger, zerstörte seinen Gebirgsgarten und war seitdem nicht mehr gesehen. Der deutsche Dichter Rudolf Baumbach veröffentliche die Sage 1877 als Vers-Epos und machte sie damit berühmt.

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Nach einer ausgedehnten Mittagspause verzichten wir, nicht zuletzt angesichts der hohen Temperaturen, endgültig auf den Abstecher zum Wasserfall – damit haben wir einen Grund mehr, Slowenien in den nächsten Jahren erneut zu besuchen.

Auf Nebenwegen erreichen wir Skofja Loka; auf deutsch Bischoflack. Der slowenische Name erinnert an die Gründungsgeschichte: am 30. Juni 973 schenkte Kaiser Otto der Zweite das Gebiet (Loka auf slowenisch für Au) dem damaligen „skoof“ (altdeutsch für Bischof). Der Fürstbischof von Freising und seine Nachfolger im Amt holten vorwiegend deutsche Kolonisten ins Land, die das Tal der Selzacher Zaier urbar machen sollten. Viele kamen aus dem Herzogtum Bayern oder dem Pustertal in Tirol. Die Herrschaft der Freisinger Bischöfe dauerte bis 1803, dann fiel Skofja Loka an Österreich. Während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg trug die Stadt offiziell den Namen „Laak an der Zaier“; mit der Zugehörigkeit zu Jugoslawien hieß sie dann (wieder) Skofja Loka.

„Colnarna Trboje“ ist das Ziel, das wir zum Nachmittags-Kaffee ansteuern. Ein „Geheimtipp“ von Markus aus dem Berghof Brunner. Das unscheinbare Lokal liegt an einer Bucht der Save, so dass man fast das Gefühl hat, am Meer zu sein. Liegestühle, eine kleine Pier und leckerer Kuchen sind weitere Gründe hier unbedingt eine Pause einzulegen.

Noch gut 60 Kilometer und wir sind zurück im Hotel. Es geht den Seeberger Sattel hinauf, mit einem kurzen Fotostopp am alten Grenzübergang.

Stefan zeigt sich ein wenig unruhig, verlangt die R nineT doch offensichtlich Sprit. Die nächste Tanke aber ist erst im Zielort; glücklicherweise geht es nun nur noch bergab. Vorsichtshalber verzichten wir auf den geplanten Stopp am Christopherusfelsen nahe der Ortschaft Bad Vellach. Fuhrleute aus dem gleichnamigen Tal hatten 1861 erstmals ein zwölf Meter hohes Bildnis des heiligen Märtyrers und Schutzpatrons auf den Felsen malen lassen.

Kurz nach 18 Uhr erreichen wir die Tankstelle in Bad Eisenkappel und verursachen erstmal einen Stau. 22 Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer wollen nahezu gleichzeitig an den beiden vorhandenen Zapfsäulen tanken – das dauert.

Oben am Berghof Brunner wartet Martina schon mit einem kühlen Bier auf uns. Damit lässt sich der erste Tourtag prima ausklingen. Während Wilfried seine W 650 mit dem Dampfstrahler reinigt, entbrennt noch dem Blick durch das Schauglas von Charlys BMW eine heiße Diskussion. Ist das Öl noch goldgelb oder garnicht mehr vorhanden. So genau lässt sich das nicht erkennen …

Stefan nutzt die Gelegenheit, schon mal auf der DR 650 Probe zu sitzen; sein „Arbeitsgerät“ für die nächsten Tage.

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Und zum Abendessen gibt es unter anderem vegetarischen Gemüsestrudel mit Kräuter-Rahm-Soße – wieder mal sehr lecker. Alles in allem ein sehr gelungener Tag …

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Auf Nebenwegen nach Slowenien

 Sonntag, 21.7.2019 – Erkundungstour: Nach einem späten Frühstück, zu dem sich Arist gesellt, der, wie ich, schon einen Tag früher angereist ist, plaudere ich noch ein wenig mit Martina und Markus, den Inhabern vom Berghof Brunner, bevor ich mich auf meine kleine Erkundungstour mache. Eine unsere Tagestouren soll nach Slowenien und über den Radlpass zurück nach Österreich führen; bei Leifling habe ich eine winzige Straße entdeckt, die parallel zur Bundesstraße entlang der Drau führt und sicher mehr Fahrspaß als die B 80 verspricht. Die Frage ist nur: ist die Strecke durchgehend asphaltiert? Das ist auf Nebenstrecken in Slowenien nicht immer der Fall.


Bevor ich das herausfinden kann, klingelt mein Handy. Stefan ist dran, einer meiner beiden Tourguides. Kein gutes Zeichen. In der Tat: sein Motorrad habe heute morgen auf den ersten Kilometern nur noch mahlende Geräusche von sich gegeben, erklärte er mir. Offensichtlich sei irgendwas am Antriebsstrang defekt. Die Weiterfahrt insofern unmöglich, er fahre jetzt erst mal mit dem Zug wieder nach Hause. Dann würden wir weitersehen, lautet die unerfreuliche Botschaft.

„Wenn Du magst, kannst Du meine Suzuki DR 650 haben, die als Ersatzmotorrad im Ducato steht“, biete ich an. Die ist vielleicht nicht ganz so bequem wie eine 1150er GS, aber sie fährt und das eigentlich nicht schlecht. „Überleg mal und lass uns heute Abend noch mal telefonieren“, meine ich. Da Dieter noch als weiterer Tourguide zu uns stoßen wird, können wir die 20 Teilnehmer notfalls auch in zwei Gruppen aufteilen, aber schöner wäre es schon zu dritt. Schauen wir mal …

Ich stürze mich die schmale Straße vom Berghof Brunner hinunter, halte kurz am Sonneggersee, der zum Baden geradezu einlädt, und erreiche bald das Pestkreuz von Bleiburg. 1777 wurde es errichtet, im Gedenken an die Pestepedemie, die in den Jahren 1715 und 1716 wütete und allein in Bleiburg 216 Opfer forderte.

Wenige Kilometer später stoppe ich an der Hängebrücke St. Lucia; sie gilt als die längste Steilseil-Hängebrücke Österreichs – – zumindest im Jahr der Eröffnung, 2013. Als Touristenattraktion ist sie wichtiger Anlaufpunkt für den 366 Kilometer langen „Drauradweg“, der vom italienischen Toblach (Dobbiaco) bis ins slowenische Maribor führt. 140 Meter lang und gut 45 Tonnen schwer überspannt die extravagante Stahlseilkonstruktion den 60 Meter tiefen Feistritzgraben; genau das Richtige für meine ausgeprägte Höhenangst.

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Kurz vor Lavamünd zweige ich auf eine kleine Nebenstraße ab, die rechts der Drau verläuft – die gesuchte „Alternativroute“. Auf schmaler Trasse erreiche ich Leifling und damit die Grenze zu Slowenien. Kein Schlagbaum und keine lästigen Kontrollen halten mich auf – die freie Fahrt durch Europa fasziniert mich immer wieder aufs Neue.

Malerisch verläuft das schmale Asphaltband, das jetzt die Nummer 699 trägt, durch einen dichten Wald, der nur gelegentlich den Blick auf die Drau und die Bundesstraße auf der anderen Uferseite frei gibt. Da brummen dicke Lastwagen gen Osten, ich hingegen habe die vor mir liegende Strecke ganz für ich alleine. Nur ein kurzes Stück des Weges ist nicht asphaltiert. Doch der Untergrund ist fest, das kurze Stück Naturpiste lässt sich auch mit Straßenmotorrädern fahren.

Hinter Trbonje geht’s wieder über die Drau und auf der Bundesstraße, die jetzt die Nummer 1 trägt. Bei Radlje ob Dravi setze ich den Blinker links. Der Ort trug bis nach dem Zweiten Weltkrieg auch im slowenischen den Namen „Marenberg“, wurde aber 1952 umbenannt. Grund hierfür war ein 1948 erlassenes Gesetz, wonach alle deutschen Orts- und Straßennamen zu eliminieren seien.

Kurvenreich geht es die Straße 434 die Lavanttaler Alpen hinauf, dem Radlpass entgegen. Im letzten Drittel findet sich rechter Hand eine „Gostice“, ein kleines Rasthaus, bei dem ich nachfragen will, ob und wann es einen Ruhetag gibt. Denn bei unserer Tagestour entlang der Drau würde ich hier vormittags gern eine kurze Rast einlegen – was problemlos möglich ist, wie sich schnell herausstellen wird.

Bevor ich die Grenze zu Österreich erreiche, die direkt über den Radlpass verläuft, muss ich erst einmal das Bordwerkzeug rauskramen. Beim Starten des alten Zweiventilers gab es eine laute Fehlzündung, die den linken Vergaser regelrecht „absprengte“. Schnell sind die Schellen, die die Gummistutzen halten, gelöst, der Vergaser wieder montiert und alles festgezogen – hoffentlich passiert mir das während der Tour nicht noch einmal …

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Bei 662 Metern über Normal Null ist die Passhöhe erreicht. Wiesen und Wälder prägen die Landschaft, die unter Schutz gestellt ist, um deren Charakter zu erhalten. Die Straße über den „Radl“, der im slowenischen „Radelj Prelaz“ heißt, verbindet das slowenische Drautal mit der österreichischen Steiermark. Wenig später ist die „Südsteirische Grenzstraße“ erreicht, die über eine Länge von insgesamt 107,6 Kilometern kurvenreich der kaum noch sichtbaren Grenze der beiden Länder folgt.

Wechselnder Straßenbelag und viele Kurven machen die Strecke nach Soboth zu einer kleinen Herausforderung, der ich mich gerne stelle. Allerdings frage ich mich zunehmend, ob ich noch trocken im Hotel ankommen werde? Die dunklen Wolken, die kurz nach dem Grenzübertritt aufgezogen sind, scheinen immer bedrohlicher. Bald darauf fängt es tatsächlich an zu tröpfeln.

Was tun? Weiterfahren zum Soboth-Stausee, in der Hoffnung, dass das Cafe dort geöffnet ist. Telefonisch war in den Tagen zuvor Niemand erreichbar. Oder umdrehen und zurück nach Soboth, in den Alpengasthof Messer? Dort wollen wir bei unserer Tour entlang der Drau zu Mittag essen. Ich entscheide mich, angesichts der kürzeren Distanz, für Letzteres und kann gerade noch rechtzeitig vor dem großen Schutt die G/S abstellen.

Auf der Terrasse sitzend genieße ich das Prasselns des Regens auf die Blätter der großen Kastanie unter der mein Motorrad steht – und ein Stück leckere Joghurt-Torte. Dazu ein großer Latte-Macchiato; so lässt es sich aushalten.

So schnell, wie sie gekommen waren, verzogen sich die Regenwolken auch wieder, so dass ich meine Fahrt bald wieder fortsetzen konnte. Anders als geplant ging es nun auf relativ direktem Weg Richtung Hotel. Ein letztes Highlight des heutigen Tages: die Soboth-Pass-Straße, die sich – bei strahlendem Sonnenschein – von gut 1.000 Metern Höhe mit bis zu 15 Prozent Gefälle die Koralpe hinabstürzt.

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In den 70er Jahren war die Strecke Teil der berüchtigten „Gastarbeiterroute“. An Spitzentagen wurden bis zu 40.000 Fahrzeuge gezählt, oftmals überladen und von übermüdeten Fahrern gesteuert. Viele Unfälle waren die Folge. Heute ist die Pass-Straße vor allem bei Motorradfahrern beliebt, die leider auch immer wieder für Schlagzeilen sorgen. Ein tödlicher Unfall im Juni 2019 hat die Rufe nach einer Streckensperrung wieder laut werden lassen. Seinerzeit war ein bereits mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit fahrender Biker von einem anderen mit mehr als 140 km/h überholt worden.

Als wenig später ein Auto am Ausgang einer Kurve in die Bundesstraße einbiegt, hat der Raser keine Chance; er kracht ungebremst in das Auto und stirbt noch an der Unfallstelle. Schwer verletzt wird der überholte Biker, der – wie auf dem Video zu sehen ist – zur „Aufholjagd“ angesetzt hatte und ebenfalls in die Unfallstelle prallt. Auf oe24 ist ein Teil des aufrüttelnden Videos zu sehen, das einer der beiden Motorradfahrer mit seiner Helmkamera aufgenommen hatte. Die Aufnahme stoppt vor dem eigentlichen Crash, ist aber sehr eindrücklich. Hier wäre der Link: Raser-Video

Heute wird die Geschwindigkeitsbegrenzung häufig mit Radarkontrollen überwacht. Auch am Sonntag standen die Herren in blau mit ihrer Kamera nahe des Soboth-Stausees am Straßenrand. Entsprechend gemütlich lasse ich es angehen und werfe bei der Fahrt bergab noch einen kurzen Blick auf den Würstelstand unterhhalb der Passhöhe, an dem sich die „Lokalmatadore“ immer wieder mal auf einen Kaffee und eine Käsekrainer treffen.

Um kurz nach 18 Uhr bin ich zurück im Hotel. Die meisten Teilnehmer sind schon da. Während Charly noch seine BMW aus dem Transporter rollt, sitzt der Rest der bereits Anwesenden gemütlich beim Feierabendbier zusammen. Von meinem Zimmer mit Balkon aus genieße ich am frühen Abend den Blick die Berge, bevor es zum Essen geht. Markus hat wieder prima gekocht: heute gibt es Schweinenackensteak.

Das Ziel: Die Karawanken

Samstag, 20.7.2019 – Anreise: Es kam genau, wie befürchtet: die Anreise nach Bad Eisenkappel in Kärnten würde am Samstag zähfließend verlaufen. Kaum auf der Autobahn, schon der erste Stau! Da ich das oftmals kilometerlange Rumgezuckele nicht mag, geht’s flugs auf die nächste Bundes- oder Landstraße. Das ist zwar nicht unbedingt kürzer, aber – wie ich finde – deutlich entspannter. Wenn es meine Zeit erlauben würde, würde ich auch mit dem Duc nur über Landstraßen anreisen. Da mein Ziel aber mehr als 800 Kilometer weit entfernt liegt, wird das nicht klappen – zumindest nicht an einem Tag. Trotzdem: die eine oder andere idyllische Pause gönne ich mir fern der Autobahn.

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Schon ein paar Kilometer unterwegs, wird es Zeit für einen Tankstopp. Es ist wie immer: an der ersten Tanke kostet der Liter Diesel 1,189 Euro – die liegt aber auf der (falschen) linken Seite. Angesichts von reichlich Gegenverkehr fahren ich weiter. An der zweiten werden 1,229 Euro pro Liter aufgerufen – vier Cent mehr, das muss nicht sein. Dann kommt lange Zeit keine Tankstelle mehr, bin ich doch mal wieder auf kleinen Nebenstraßen unterwegs. Die Restreichweite schrumpft – nahe Kinding die „Erlösung“, doch jetzt muss ich zähneknirschend für 1,339 Euro tanken.

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Rund 200 Kilometer später mache ich bei Traunreut den Tank noch einmal voll. Die Gelegenheit war mit 1,124 Euro relativ günstig. Kaum stehe ich an der Kasse, fällt eine Horde Ducati-Fahrer ein; jetzt bin ich auch noch in „guter Gesellschaft“.

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Zuvor hatte ich am Nachmittag mühsam den Münchner Autobahnring. erreicht Der übliche Stau wird bereits im Radio angekündigt, ebenso wie der stockende Verkehr am Irschenberg. An der Grenze zu Österreich mehr als 40 Minuten Wartezeit bei der Anreise nach Deutschland. Immer wieder Stillstand auch auf der Tauernautobahn. Wohl dem, der das alles gelassen hinter sich bringt.

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Ich hatte mir – wie so oft, wenn ich in den Süden unterwegs bin – schon eine Ausweichroute zusammengebastelt. Uns so geht es relativ entspannt über die B 304 Richtung Salzburg. Auf der österreichischen A10 angekommen, gilt es tapfer zu sein. Ich muss bis weit hinter den Katschberg auf der Autobahn bleiben. So hat es die Regierung verfügt, um die staugeplagten Anwohner in den angrenzenden Dörfern vor zu viel Autoverkehr zu schützen. Den Ansatz kann ich nachvollziehen, halte die Vorgehensweise aber für reine Schikane.

Das Ganze erinnert ein wenig an die DDR. Da gab es auch „Transitautobahnen“, die bei Strafe nicht verlassen werden durften. Mir ist das ein Gräul und deshalb werde ich nächstes Jahr wohl nicht mehr nach Österreich fahren. Schade eigentlich, aber ich möchte mir nicht vorschreiben lassen, welche Straßen ich (am Wochenende) zu benutzen habe und welche ich nicht befahren darf. Mit dem Motorrad zwanghaft auf die Autobahn – nein danke.

Bei Kuchl habe ich endlich freie Sicht auf die Berge. „Jetzt fängt der Urlaiub an“, denke ich mir, genieße die prachtvolle Aussicht und denke nicht mehr Fahrverbote und unzulässige Ausweichstrecken.

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Es ist schon früher Abend, als ich am Wörthersee vorbeirolle. Seit ich auf die A2 gewechselt bin, hat der Verkehr merklich nachgelassen. Es geht um Klagenfurt herum bis zur Ausfahrt Greifenstein, bald darauf ist Gallizien erreicht. Zwischen der Drau und dem Obir, einem nördlichen Ausläufer der Karawanken, liegt die kleine Gemeinde, die an Spanien erinnert – wenn es im Namen nicht ein doppeltes l tragen würde. Ganz so weit im Süden bin ich, trotz langer Fahrzeit, nun doch nicht.

Die Straßen werden schmaler und vor mir bauen sich die Ausläufer der Karawanken wie ein mächtiges, kaum überwindbares Hindernis auf. Hier schein die Welt zu Ende zu sein. Hinter den Bergen liegt Slowenien – lange Zeit eine „andere Welt“.

In Eisenkappel wartet zum Abschluss noch ein kleines Abenteuer auf mich. Der „Berghof Brunner“, in dem wir in den nächsten Tagen unser Quartier aufschlagen wollen, liegt – wie der Name schon sagt – oben am Berg und ist nur über einem kleinen, schmalen, kurvenreichen Weg zu erreichen. Und den muss ich jetzt mit meinem sechs Meter langen und mehr als zwei Meter breiten Ducato unter die Räder nehmen – ohne zu wissen, was mich erwartet.

Minuten später lasse ich den 3,49 Tonner auf dem Hotelparkplatz ausrollen und genieße erst einmal die herrliche Aussicht hinunter ins Tal. Martina begrüßt mich herzlich und Markus hat mir, obwohl es mittlerweile fast schon halb zehn ist, noch ein leckeres Abendessen gezaubert – es ist wie bei Freunden; von Anfang an.

Schnell werden die Koffer aufs Zimmer gebracht, noch einmal kurz duschen und dann ab ins Bett. Morgen will ich zu einer kleinen „Erkundungsfahrt“ aufbrechen …

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