Eigentlich wollten wir heute morgen durchs Centovalli fahren, dann ins Valle Canobio abbiegen, um anschließend mit der Fähre über den Lago zu schippern. So hätte wir viel Zeit für die Besichtigung des Kloster Santa Caterina gehabt, das malerisch am Seeufer liegt und über viele, viele Treppenstufen zu erreichen ist.
Es sollte anders kommen. Denn das Centovalli ist derzeit wegen Hangsicherungsarbeiten von 8 bis 17 Uhr gesperrt. Ein Felsbrocken hatte sich hier vor Tagen gelöst – bei dem Unglück waren zwei Menschen ums Leben gekommen.
Den Gedanken, die Tour rumzudrehen, um das „Tal der hundert Täler“ vielleicht am Abend – dann in Gegenrichtung – passieren zu können, verwerfen wir schnell. Dann lieber Plan B 😉
Und so rollen wir nach dem Frühstück gemütlich über die Uferstraße, die uns von Ascona Richtung Cannobio auf der italienischen Seite führt. Immer wieder bieten sich dabei prachtvolle Ausblicke auf den See. In Cannobio zweigen wir ins gleichnamige Tal ab und bewältigen die erste von ungezählten Kurvenorgien des heutigen Tages. Auf äußerst schmaler Trasse werfen wir die Moppeds ums Eck, dass es nur so eine Pracht ist. In Santa Maria Maggiore ist dann Zeit für die erste Kaffeepause. Endlich wieder zivile Preise: ein Euro für den Espresso – das ist doch ein Wort 😉
Weiter geht es in Richtung Domodossola. Bei Masera zweigen wir auf die „via terazza“ ab, die uns durch Weinberge führt, um so auf die „via provinziale alta“ zu gelangen. In Mergozzo angekommen, überlegen wir kurz, eine frühe Mittagsrast am gleichnamigen See einzulegen. Doch es ist gerade mal zwölf Uhr und die Kaffeepause liegt erst eine Stunde zurück. Also: weiterfahren, auch wenn ich darauf wetten könnte, dass wir gleich „in den Bergen“ nichts Passendes finden werden.
Wenig später geht es auf kurvenreicher Strecke die „Alpe Segletta“ hinauf. Auf den nächste Kilometern brauchen wir wieder mal nur die ersten beiden Gänge, maximal den dritten Gang, so eng und kurvenreich schmiegt sich das schmale Asphaltband an den Fels. Auf über 1.000 Höhenmetern angekommen, halten wir für einen Fotostopp – mit Blick auf den Lago Maggiore.
Der nächst größere Ort ist Premeno – direkt an der Straße liegt die Bar „al solo“. Dass die Autos der örtlichen Bauarbeiter vor dem Eingang parken, scheint uns ein gutes Zeichen. Also fragen wir, ob wir etwas zu Essen bekommen können? Können wir. Doch der Patrone hat ganz eigene Vorstellungen von unserer Sitzordnung.
Auf der Terrasse essen, ist ok. Aber bitte nicht an den kleinen Tischen, direkt vor der Bar. Wir sollen die langen nehmen, die unter der Pergola stehen. Da ist es uns zu schattig. Wir würden gern in die Sonne. Also doch an die kleinen Tische?
Auf keinen Fall. Gnade findet allenfalls der Plan, die großen Tische in die Sonne zu stellen. Etwas umständlich, aber der Patrone ist zufrieden. Bis Dieter mit seiner Gruppe eintrifft. Noch einmal acht Personen zu verköstigen, das übersteigt seine organisatorischen Möglichkeiten. Also muss sich Dieter im nächsten Ort was suchen – was auch gelingt – während wir einmal Pasta für alle bestellen.
Nach dem Essen ist der Hafen von Verbania das Ziel. Wir wollen nach Laveno übersetzen, um am Nordufer des Sees zurück nach Ascona zu fahren.
An der Fähre ist es noch wie früher 😉 Das Ticket kann nicht an Bord, sondern muss an einem separaten Schalter gekauft werden. Zwischenzeitlich ist die Fähre, die abfahrtbereit im Hafen lag, natürlich weg. Also auf die nächste warten, die 20 Minuten später kommt. Zur Fahrkartenkontrolle an der Rampe stehen dann acht Mitarbeiter in tollen Uniformen rum, wovon einer die Karte abknipst, während alle anderen zumindest ein wichtiges Gesicht machen. Es sei ihnen gegönnt 😉
Mit fast 20 km/h schippern wir anschließend über den Lago und schlagen uns bei Cittiglio wieder in die Berge, um über viele Kilometer der SP8 zu folgen. Wieder zahlt es sich aus, heute die kleine rote G/S unter dem Hintern zu haben, die sich entspannt ums Eck werfen lässt.
Immer wieder müssen wir auf der schmalen Trasse mit Gegenverkehr rechnen. Einmal zwingt uns ein mit riesigen Baumstämmen beladener Holzlaster bis dicht an die Felswand – aber eigentlich läuft alles ganz entspannt.
Kurven- und kehrenreich geht es dann viele Kilometer später wieder runter an den See, wo wir uns in Luino ein Kaffeepäusen direkt am Ufer der Lago Maggiore gönnen.
Leckeres Eis gab es übrigens auch 😉
Die „Alpe di Negia“ ist das letzte Etappenziel des heutigen Tages. Noch einmal schrauben wir uns auf kurvenreicher Strecke auf gut 1.200 Meter hinauf und treffen am „Pass“ auf Dieter mit seiner Gruppe.
Die tief stehende Abendsonne wirft schon lange Schatten. Noch gut 30 Kilometer liegen vor uns. Heute wird es wohl halb sieben werden, bis wir im Hotel sind.
Gerade als wir die Helme aufsetzen, startet der Postbus. Wir grüßen den Fahrer freundlich, der grüßt zurück – und lässt uns fünf Kehren weiter unten problemlos passieren. Danke 😉
Gut 250 Kilometer haben wir heute zurückgelegt, von denen ich keinen einzigen missen möchte. Die Tour war genial und die Teilnehmer sind zufrieden. So soll es sein.
Nach dem Essen lasse ich den Tag an der Promenade von Ascona ausklingen und freue mich auf morgen. Da wollen wir von Lago Maggiore zum Luganer See und weiter zum Comer See fahren – natürlich auf möglichst kleinen Straßen 😉
Um das Kloster Santa Caterina zu erreichen, gibt es seit einigen Jahren einen neuen Aufzug als bequeme Alternative zu den Treppen.
Als wir im August 2010 dort waren, konnte man an der Baustelle auf einen runden Schacht von 6 Meter Durchmesser sehen, der 51 Meter weit senkrecht durch den Fels nach unten gebohrt wurde und in einen 45 Meter langen waagerechten Tunnel mündet.
Der neue Aufzug soll 12 Personen Platz bieten.
Viele Grüße, Herbert