Tagesarchiv: 09/05/2017

Keine 50 Kilometer in der Stunde

Heute geht es in die Berge. Die Grenzregion der Garfagnana und der Toskana wollen wir erkunden und dabei ein paar uns noch unbekannte Pässe unter die Räder nehmen. Dass wir dabei wieder ein paar Überraschungen erleben, versteht sich fast von selbst.

Um 9 Uhr brumnen die Motoren, bei strahlendem Sonnenschein halten wir uns in nordwestliche Richtung. Zunächst rumpeln wir vornehmlich über kleine, von Schlaglöchern übersähte Straßen, wechseln dann kurz auf eine Hauptstraße, die geschwindigkeitsbeschränkt ist, so dass wir den vor uns fahrenden Schwerlastverkehr nicht überholen können. Dann doch lieber wieder auf die Nebenstrecken.


In Fivizzano setzen wir den Blinker rechts und folgen der Beschilderung ins Garfagnana. Der eigentlich geplante Abzweig über Casola ist gesperrt. Wir sind artig, machen nur ein Foto ins weitläufige Tal und folgen der Umleitung.


Natürlich war die gesperrte Strecke fahrbar. Speedy hat’s mit seiner Truppe ausprobiert. Ein Teil der Asphaltdecke hat gefehlt, da war es ein wenig feucht und schmierig, ansonsten aber war der Abschnitt – abgesehen von heftige Frostaufbrüchen – fahrbar.

Wir finden wenig später eine kleines Agrotourismo, dessen Terrasse zu einem kleinen Fotostopp geradezu einlädt. Die schlechten und unübersichtlichen Straßen, auf denen wir vorwiegend unterwegs waren, fordern ihren Tribut: der Schnitt liegt bei unter 50 Kilometer in der Stunde. Aber jeder Kilometer hat sich gelohnt 😉


Durch den „Parco Regionale Appennino Reggiano“ fahrend, geht es immer weiter Richtung Norden. Die mächtige Gebirgszüge des Appennin türmen sich vor uns auf. Nebelschwaden und dunkle Wolken ziehen über die Gipfel, die Sonne ist verschwunden. Und so zeigt das Thermometer gerade einmal vier Grad an, als wir den 1570 Meter hohen“ Passo di Pradarena“ überqueren.

In Collagna erreichen wir den nördlichsten Punkt der heutigen Tour – und weil es gerade leicht anfängt zu regnen, beschließen wir Mittag zu machen. Stefan findet denn auch gleich eine Bar, in der es etwas zu essen gibt.

Wenn wir denn nur wüssten, was? Eine Speisekarte gibt es nicht, statt dessen versucht uns die Bedienung in bestem italienisch die lukullischen Köstlichkeiten des Hauses anzupreisen. Schade, dass wir so garnichts verstehen. Also bestellen wir einfach eine Runde Pasta – und alle sind zufrieden.


Michael ist noch einen kleinen Schlenker weiter nördlich gefahren. Auch seine Gruppe hat Nudeln gewählt: Hausgemachte Tortellini mit unterschiedlichen Füllungen und einem leckeren Sößchen. Ebenfalls lecker 😉

Nach dem Essen hat das Gerumpel erst einmal ein Ende. Die Straße über den 1261 Meter hohen „Passo del Cerreto“ präsentiert sich topfeben, so dass wir zügig vorankommen. Wieder rollen wir durch Fivizzano, diesmal von Norden kommend, und gönnen uns noch einen Schlenker über den „Passo di Lagastrello“. Auf einer der vielen Anhöhen halten wir für eine Fotostopp – bald darauf trifft auch Speedy mit seiner Gruppe ein. Die „Wiedersehensfreude“ ist groß, denn obwohl wir fast die identischen Strecken fahren, verpassen wir uns doch regelmäßig.


Vor uns in den Bergen steht eine alte Radaranlage. Und dahin wollen wir nun ganz spontan fahren. Den Tipp hatte uns ein freundlicher italienischer Rennradfahrer gegeben, den wir auf der Anhöhe getroffen hatten. Als wir seine Frage: „Do you want some informations?“ mit Ja beantworteten, erläuterte er uns die umliegenden Gipfel und erwähnte dabei auch die militärische Anlage, die schon lange nicht mehr genutzt werde.

Ob es denn einen Weg dorthinauf gebe, fragte ich? Ja, den gebe es. Ob dieser denn auch fahrbar sei, wollte ich daraufhin wissen? „Not so beautyfull“, lautete die Antwort – aber machbar. Wir sollten der Beschilderung zum Pass folgen und auf einen kleinen Abzweig links achten.

Danke, der Tipp war gut. 20 Minten später waren wir am Gipfel, auf dem vier große Parabolspiegel und mehrere Antennenanlagen stehen. Der Weg dorthin ist im unterer Drittel etwas geröllig, ausgewaschen und ohne Asphalt, aber fahrbar. Für passionierte G/S-Treiber ein Genuß!


Noch gut 60 Kilometer, dann sollten wir im Hotel sein – wenn auf dem Weg nach Montedivalli nicht unvermutet ein Stück Straße gefehlt hätte. Kein Hinweis, nichts. Nur rotes Flatteeband und ein großes Loch im Asphalt. Glücklicherweise fand sich etwas oberhalb ein kleines, kurviges, unübersichtliches und herausforderndes Mini-Sträßchen, das uns auf Umwegen doch noch zum Ziel führte.


So war es kurz vor sieben, als wir nach einem abenteuerlich-abwechslungsreichen Tag die Motorräder auf dem Hotelparkplatz abstellen konnten. Schön war es. Morgen wollen wir in die Marmorbrüche bei Carrara.