In den Garten Italiens

LAGO DI LEDRO: 5. Tourtag – Freitag, 21.6.2019 – Das Ziel ist einzigartig und damit genau das Richtige für unseren letzten Tourtag. Heute wollen wir zum Monte Baldo, um das mächtige Gebirgsmassiv einmal von Nord nach Süd zu durchqueren. 65 Meter über dem Meeresspiegel liegt der Gardasee, der höchste Gipfel hat eine Höhe von 2218 Metern – wie eine gewaltige Wand wird sich der imposante Berg vor uns auftürmen.

Der Himmel ist blau, mit kleinen Wattewölkchen. Wir lassen es entspannt angehen, bevor wir zu unserer letzten Tagestour in dieser Woche aufbrechen.

Noch einmal führt uns der Weg am Lago di Ledro Richtung Pregasina. Wir fahren am Ufer entlang, genießen die Aussicht und bummeln gemächlich durch die engen Ortsdurchfahrten, die vor uns liegen.

Zum Warmfahren „gönnen“ wir uns einen kleinen Schlenker über den Passo Creina ein. Die Zufahrt zur schmalen, kurvenreiche Passstraße findet sich bei Bolognano, nahe Arco. Die meiste Zeit windet sich das gerade einmal autobreite Asphaltband durch dichten Wald und bietet wenig Aussicht – was nicht weiter schlimm ist, da die Wegeführung unsere volle Konzentration erfordert.

Am Weiler „San Giacomo“ findet sich ein kleiner Parkplatz; von hier führt ein Fußweg in gut 20 Minuten zur Einsiedelei San Giacomo, die den Heiligen Giacomo und Silvestro al Monte geweiht ist. Die kleine Kirche öffnet in den Sommermonaten jeweils sonntags ihre Pforten.

Der Pass an sich ist relativ unscheinbar; wir huschen mehr oder weniger darüber und stürzen uns gleich im Anschluss wieder ins Tal. Bei Loppio erreichen wir wieder die nach Rovereto führende Staatsstraße und fädeln uns am Kreisel in den dichten Verkehr ein. Weil wir lieber auf Nebenstraßen unterwegs sind, setzen wir am nächsten Abzweig den Blinker rechts, um auf schmaler Trasse nach Sano zu gelangen.

Leider entpuppt sich der gewählte Streckenabschnitt als „Pista Ciclabile“ – als ein Stück des Radwegs der von Mori nach Torbole führt. Also muss die ganze Gruppe wenden und zurück auf die SS240.

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Einmal wenden bitte – üben wir heute gleich öfter

Im zweiten Anlauf passt es dann und wir erklimmen „den Garten Italiens“. So wird der Monte Baldo schon seit dem 16. Jahrhundert auch genannt, denn die besonderen klimatischen Bedingungen, die hier herrschen, sorgen für eine einzigartige Flora und Fauna. Für Botaniker stellt der Monte Baldo eine wahre Fundgrube von Arten dar; auf relativ kurzer Distanz finden sich gleich mehrere Vegetationsstufen, die von submediterranen Flora mit Olivenhainen und Steineichenwäldern bis hin zu alpinen Arten in den Gipfelregionen reichen.

1566 veröffentlichte der aus Verona stammende Apotheker und Botaniker Francesco Calzolari eine erste Liste von Pflanzen, die er auf dem Baldo gefunden hatte. Seine Sammlung wird heute im Naturkundemuseum in Verona aufbewahrt. 1617 erschien ein erstes mit Holzstichen illustriertes Buch von Giovanni Pona – seitdem genießt der Monte Baldo das besondere Interesse der Botaniker.

Uns interessieren mehr die tollen Straßen am Monte Baldo-Massiv. Eine führt uns durch abenteuerliche Felsdurchbrüche vom Passo di San Valentino zum Rifugio Graziani, an der „Bocca del Creer“. Kurz vor dem Rifugio hält Stefan für einen Fotostopp, war der Blick in die Tiefe an der Engstelle doch gewaltig.

Ich denke mir noch, wie gut es ist, dass wir auf diesen abenteuerlichen Straßen mit dem Motorrad unterwegs sind und dass ich diese mit meinem Auto freiwillig wohl kaum befahren würde – geschweige denn mit meinem sechs Meter langen und zwei Meter breiten Ducato. Wenig später rumpelt ein ebensolcher als Kleinbus mit Anhänger an uns vorbei, um Biker und deren Fahrräder den Berg hinauf zu transportieren. Unglaublich.

Wir legen am Rifugio Graziani eine Kaffeepause ein und genießen die Aussicht – und die nette Bedienung.


Bei der Weiterfahrt passiert dann ein kleines Malheur. Kurz hinter der „Bocca di Navene“ gibt es einen kleinen Abzweig, der im weiteren Verlauf zu einem fantastischen Aussichtspunkt auf den Gardasee führen soll. Der Weg dorthin ist allerdings offiziell gesperrt. Gleichwohl hatte ich am Parkplatz einen Wegpunkt gesetzt, um vielleicht bei einer meiner Vortouren zu schauen, ob sich der Abstecher lohnt.

Dieser Wegpunkt war nun dummerweise noch in der Route gesetzt, worauf Stefan den Blinker rechts setzte und beherzt abbog. Vier enge Kehren später standen neun Motorräder am Steilhang und mussten irgendwie wenden. Adrenalin pur war angesagt.

Wenig später erreichen wir die Grenze zum Veneto und lassen das Trento-Alto Adige hinter uns. Immer noch auf der Höhenstraße fahrend – auf der der Motorradverkehr nun deutlich zunimmt – geht es vom 1433 Meter hoch gelegenen Pass „Cavallo di Novezza“ Richtung Caprino Veronese und San Zeno di Montagna; hier haben wir schon des Öfteren im empfehlenswerten Hotel Diana übernachtet.

Kurven- und kehrenreich windet sich die Straße hinunter nach Torri del Benaco. Fast könnte man sagen, der Name ist Programm: denn „Benaco“ ist der ursprüngliche Name für den Lago di Garda. Der wurde von 200 vor bis 800 nach Christus „Lacus benacus“ genannt wurde – nach einer keltischen Lokalgottheit Oberitaliens, dessen Weihinschrift einst am Ufer des Sees gefunden worden war. Benacus gilt in der Mythologie übrigens als Vater des Minicus, jenem Fluss, der durch den Gardasee fließt.

Unser Ziel ist jetzt die Panoramabar, von der sich beim Mittagessen ein prachtvoller Blick auf den Lago di Garda ergibt. Wir nehmen die nahe gelegene südliche Zufahrt und kämpfen uns durch enge Gassen wieder bergan – rechtzeitig vor dem Eismann und dem Getränkelaster. Kaum haben wir die Motorräder abgestellt, kommen die beiden Kleinlaster angefahren und parken die Zufahrt zum Parkplatz gnadenlos zu. Heißt für uns: wie können in Ruhe zu Mittag essen, denn bevor nicht entladen wurden, kommen wir hier sowieso nicht weg.

Und so genießen wir erst einmal den fantastische Blick auf den weit unter uns liegenden Lago, um anschließend einen Blick in die Speisekarte zu werfen. Während Lutz sich mit vier mageren Sardellen bescheiden, gönne ich mir nach all der Pasta der vergangenen Tage heute ein ordentliches Stück Filet.

Kaum haben wir bezahlt, setzen sich auch der Eismann und der Getränkelaster wieder in Bewegung, wobei es schon interessant ist, zu sehen, wie das reichlich verbeulte Gefährt auf engstem Raum gewendet wird.

Laster
Interessantes Schauspiel, wie sich der Kleinlaster zurück auf die Straße manövriert

Eigentlich hatten wir für den Nachmittag noch einen kleinen Leckerbissen eingeplant: die „Punta Veleno“, die besser bekannt ist unter dem Namen „Passo Telégrafo“. Das reizvolle an dieser Strecke: kommt man von Norden, warnen nicht zu übersehende Hinweisschilder Camper, Fahrer von Autos mit Automatik-Getriebe oder sonstige Unbedarfte eindringlich vor der Weiterfahrt.

Denn die folgenden 20 Kehren haben es in sich, sind ekelig eng und bis zu 20 Prozent steil. Trotzdem haben wir hier schon holländische Wohnmobilfahrer getroffen, die das Fahrverbot trotz bereits rauchender Kupplung ignorieren wollten. Wir wären entspannt von Süden angereist und hätten uns bergab ins Kehrengetümmel gestürzt. Doch das Interesse unsere ansonsten unerschrockenen Biker galt zum Ausklang dieser kurzweiligen Woche eher dem gemütlichen Cruisen auf der Uferstraße. Also gut, warum nicht?

RE Camera

Immer am Seeufer entlang

Bis Malcesine läuft alles erfreulich flüssig. Mit maximal 80 km/h fahren wir das Ostufer entlang, schauen Menschen in Badehosen beim Sonnenbaden zu und bewundern die Surfer, die die nachmittäglichen Fallwinde zu einem spektakulären Ritt auf ihren Boards nutzen. Alles ganz entspannt.

In Torbole gerät der Verkehr kurz ins Stocken, mit einer Schleife über Arco umgehen wir die oft zeitraubende Fahrt durch Garda. Noch einmal donnern wir durch den fast sieben Kilometer langen Tunnel vor Pregasina. Noch einmal genießen wir die drei Serpentinengruppen, die uns dem Lago di Ledro näher bringen und mogeln uns durch die engen Ortsdurchfahrten, bevor wir einen letzten Blick auf den malerisch in der Sonne liegenden Ledrosee werfen. Ein letztes Mal biegen wir dann auf den Parkplatz des „Hotel Garden“ ab und genießen ein kleines Feierabendbier 😉

Noch einmal sitzen wir wenig später auf der kleinen Terrasse zusammen und genießen das gemeinsame Abendessen. Heute kredenzt der Küchenchef: Süß-saures Forellensteak mit gegrillter Polenta, Spaghetti mit Rucola-Pesto, Forelle und rosa Pfeffer sowie Forelle nach Müllerinen-Art mit lila Kartoffeln und Kabeljau-Mayonnaise.

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Und natürlich einen Nachtisch.

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Die Koffer sind gepackt, die Motorräder verstaut, so können wir den Abend noch gemütlich zusammensitzen und die erlebnisreiche Woche Revue passieren lassen. Morgen früh gehts zurück nach Hause. Für den einen oder anderen wird es eine kurze Nacht werden.


So manchen unserer Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden wir in vier Wochen schon wiedersehen. Dann fahren wir gemeinsam in die Karawanken. Wir freuen uns schon …

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